Das Bauhaus am Kiosk
Die Eröffnung der Sonderausstellung "Das Bauhaus am Kiosk" am 21.2.2007, die Medienforscher der Universität Erfurt für das Bauhaus-Archiv in Berlin erarbeitet hatten, wurde zu einem unerwarteten Publikumsmagneten. "So viel Resonanz hatten wir schon lange nicht mehr bei einer Vernissage", zeigte sich Dr. Annemarie Jaeggi, Direktorin des Bauhaus-Archivs, erstaunt über das große Interesse in der an Kulturevents so reichen Hauptstadt. Mehrere hundert Neugierige drängten sich um die Hefte der Zeitschrift 'die neue linie' - einer Lifestyle-Illustrierten, die zwischen 1929 und 1943 die Ideen der Bauhaus-Typographie einem Massenpublikum erschlossen. Zwischen 1929 und 1943 erschien 'die neue linie' im Leipziger Beyer-Verlag als die herausragende Lifestyle-Illustrierte ihrer Zeit. Keine andere Zeitschrift setzte in ihrer Gestaltung die Ideen der typografischen Moderne so konsequent um. Führende Grafik-Designer aus dem Bauhaus wie László Moholy-Nagy und Herbert Bayer prägten das Erscheinungsbild der Illustrierten. Neue Typografie, klare Formen, schnörkellose Schrift, dynamische Diagonalen und dramatische Fotomontagen sorgen für ein auffallendes Erscheinungsbild. Inhaltlich setzte 'die neue linie' auf ein anspruchsvolles Niveau. Literarische Gastautoren wie Aldous Huxley, Gottfried Benn oder Thomas Mann lieferten Beiträge. Der Modeteil - höchstens ein Viertel des Umfangs - bildete raffinierte Entwürfe ab, die die elegante Damenwelt der Weimarer Republik ansprach.
Große Gewichtung hatte alles was mit "Schöner Leben" zusammenhing. Das macht 'die neue linie' zu einem Vorläufer heutiger Lifestyle-Magazine. Aktuelle architektonische Trends stellte unter anderem Walter Gropius vor. Als vorbildliches Design werden Stahlrohrmöbel von Marcel Breuer oder die "Frankfurter Küche" präsentiert. Die Werbeseiten, gestaltet von Ex-Bauhäuslern wie Herbert Bayer, Kurt Kranz oder den Brüdern Neuner, wandten sich an ein zahlungskräftiges Publikum und die intellektuelle Oberschicht. 40.000 Auflage und der Preis von 1 RM bestätigen dies. Dass die modern aufgemachte Zeitschrift in den nationalsozialistischen Jahren und während der Kriegszeit von Repressalien weitgehend verschont blieb, ist darauf zurückzuführen, dass 'die neue linie' als schöngeistiges Alibi einer weitgehend gleichgeschalteten Nazipresse diente. Die Grenzen journalistischer Freiheit waren eng, zu keiner Zeit gab es regimekritische Beiträge, aber möglich war dennoch der völlige Verzicht auf antisemitische Hetzpropaganda. Mit Kriegsbeginn dominierten militärische Abbildungen die Titelseiten, deutsche Klassik und alte Meister hielten Einzug in die Hefte.
Über zwei Wochen hinweg leiteten Prof. Dr. Patrick Rössler und Prof. Dagmar Demming von der Universität Erfurt den Aufbau. Für die Ausstellung wurden mehrere Bauten angefertigt, die ihre Wirkung auf den Betrachter nicht verfehlen, darunter zwei Schaufenster mit zeitgenössischer Kleidung und echten Modepuppen, ein Wohnzimmer-Ambiente mit Bauhaus-Möbeln und natürlich einen Kiosk. "Wir konnten die Ideen unserer Studierenden ohne Einschränkungen umsetzen", bilanzierte die Künstlerin Demming, "aber der Aufwand war schon enorm". Und so resultierte die enge Kooperation zwischen den Ausstellungsexperten am Bauhaus-Archiv und der Erfurter Projektgruppe in einer außergewöhnlichen Präsentation, die auch in der Medienberichterstattung deutliche Spuren hinterließ.
Auf der Eröffnungsveranstaltung betonte der Erfurter Bundestagsabgeordnete Carsten Schneider die Signalwirkung, die von einer solchen Zusammenarbeit zwischen Hochschule und öffentlichen Einrichtungen ausgeht. Insbesondere das Erfurter Studium Fundamentale, eine interdisziplinäre Spezialität der hiesigen Bachelor-Programme, brachte die gemeinsamen Stärken von Medienstudenten, Künstlern und Hörern anderer Fachgebiete gut zur Geltung. In seinem Vortrag zum Ausstellungsthema verdeutlichte Rössler, Gastkurator und Autor des umfangreichen Katalogs, nochmals die besondere Rolle der 'neuen linie' als stilbildende Publikation des 20. Jahrhunderts mit einer wechselvollen Geschichte. Die Ausstellung ist noch bis zum 16. April 2007 im Bauhaus Archiv in Berlin zu sehen.
Info:
Katalog: Patrick Rössler: die neue linie 1929-1943. Das Bauhaus am Kiosk. Großformat, 176 Seiten, ca. 300 Abb., an der Museumskasse € 17,50
Kontakt:
Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung
Klingelhöferstraße 14
10785 Berlin
Tel.: 0 30 / 25 40 02 0
Infoline: 0 30 / 25 40 02 78
Fax: 0 30 / 25 40 02 10
bauhaus@bauhaus.de
Quelle: Universität Erfurt, Uni-Protokolle, 28.2.2007; Pressemeldung Bauhaus-Archiv
Große Gewichtung hatte alles was mit "Schöner Leben" zusammenhing. Das macht 'die neue linie' zu einem Vorläufer heutiger Lifestyle-Magazine. Aktuelle architektonische Trends stellte unter anderem Walter Gropius vor. Als vorbildliches Design werden Stahlrohrmöbel von Marcel Breuer oder die "Frankfurter Küche" präsentiert. Die Werbeseiten, gestaltet von Ex-Bauhäuslern wie Herbert Bayer, Kurt Kranz oder den Brüdern Neuner, wandten sich an ein zahlungskräftiges Publikum und die intellektuelle Oberschicht. 40.000 Auflage und der Preis von 1 RM bestätigen dies. Dass die modern aufgemachte Zeitschrift in den nationalsozialistischen Jahren und während der Kriegszeit von Repressalien weitgehend verschont blieb, ist darauf zurückzuführen, dass 'die neue linie' als schöngeistiges Alibi einer weitgehend gleichgeschalteten Nazipresse diente. Die Grenzen journalistischer Freiheit waren eng, zu keiner Zeit gab es regimekritische Beiträge, aber möglich war dennoch der völlige Verzicht auf antisemitische Hetzpropaganda. Mit Kriegsbeginn dominierten militärische Abbildungen die Titelseiten, deutsche Klassik und alte Meister hielten Einzug in die Hefte.
Über zwei Wochen hinweg leiteten Prof. Dr. Patrick Rössler und Prof. Dagmar Demming von der Universität Erfurt den Aufbau. Für die Ausstellung wurden mehrere Bauten angefertigt, die ihre Wirkung auf den Betrachter nicht verfehlen, darunter zwei Schaufenster mit zeitgenössischer Kleidung und echten Modepuppen, ein Wohnzimmer-Ambiente mit Bauhaus-Möbeln und natürlich einen Kiosk. "Wir konnten die Ideen unserer Studierenden ohne Einschränkungen umsetzen", bilanzierte die Künstlerin Demming, "aber der Aufwand war schon enorm". Und so resultierte die enge Kooperation zwischen den Ausstellungsexperten am Bauhaus-Archiv und der Erfurter Projektgruppe in einer außergewöhnlichen Präsentation, die auch in der Medienberichterstattung deutliche Spuren hinterließ.
Auf der Eröffnungsveranstaltung betonte der Erfurter Bundestagsabgeordnete Carsten Schneider die Signalwirkung, die von einer solchen Zusammenarbeit zwischen Hochschule und öffentlichen Einrichtungen ausgeht. Insbesondere das Erfurter Studium Fundamentale, eine interdisziplinäre Spezialität der hiesigen Bachelor-Programme, brachte die gemeinsamen Stärken von Medienstudenten, Künstlern und Hörern anderer Fachgebiete gut zur Geltung. In seinem Vortrag zum Ausstellungsthema verdeutlichte Rössler, Gastkurator und Autor des umfangreichen Katalogs, nochmals die besondere Rolle der 'neuen linie' als stilbildende Publikation des 20. Jahrhunderts mit einer wechselvollen Geschichte. Die Ausstellung ist noch bis zum 16. April 2007 im Bauhaus Archiv in Berlin zu sehen.
Info:
Katalog: Patrick Rössler: die neue linie 1929-1943. Das Bauhaus am Kiosk. Großformat, 176 Seiten, ca. 300 Abb., an der Museumskasse € 17,50
Kontakt:
Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung
Klingelhöferstraße 14
10785 Berlin
Tel.: 0 30 / 25 40 02 0
Infoline: 0 30 / 25 40 02 78
Fax: 0 30 / 25 40 02 10
bauhaus@bauhaus.de
Quelle: Universität Erfurt, Uni-Protokolle, 28.2.2007; Pressemeldung Bauhaus-Archiv
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