24.9.06

Widerstände gegen geplanten Handschriftenverkauf Badens

Bereits vor einem Jahrzehnt sorgte das Haus Baden, das bis 1918 die Staatsoberhäupter der Markgrafschaft Baden, des Kurfürstentums Baden sowie die Großherzöge von Baden stellte, für Aufsehen und Erregung, als es aus Finanznot das Inventar im Schloss Baden-Baden verkaufte. Nun hofft Bernhard, der Erbprinz des Hauses Baden, mit dem Verkauf wertvoller Handschriften aus der Sammlung der Markgrafen von Baden, erneut auf hohe Einnahmen. Mit diesen Mitteln, man rechnet beim Verkauf der sich in der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe befindlichen Handschriften mit einem Erlös von 70 Millionen Euro, soll unter anderem die Sanierung der Schlossanlage Salem, Familiensitz des Hauses Baden am Bodensee, finanziert werden.
Abb.: Stundenbuch des Markgrafen Christoph I. von Baden. Paris, um 1490. Badische Landesbibliothek, Cod. Durlach 1, Blatt 95v-96r, Faksimile und Kommentar: Stundenbuch des Markgrafen Christoph I. von Baden, © Badische Landesbibliothek Karlsruhe.

Das Land Baden-Württemberg hat sich mit dem badischen Markgrafenhaus bereits auf den Verkauf der wertvollen Handschriftensammlung, die bis ins 15. Jahrhundert zurückreicht, auf dem internationalen Kunstmarkt verständigt. Dabei ist der Besitz der Handschriften sowie weiterer Kunstwerke und Kulturgüter zwischen dem Haus Baden und der Landesregierung seit Jahrzehnten umstritten. Hintergrund ist die Frage, ob diese Kulturgüter, deren Gesamtwert sich auf 250 bis 300 Millionen Euro belaufen soll, mit der Auflösung des Großherzogtums Baden 1918/19 an den Staat fielen oder in der Familie verblieben. Eine juristische Auseinandersetzung wurde bislang vermieden. Die jetzt getroffene Vereinbarung über den Verlauf der Handschriften sieht vor, dass das Land Baden-Württemberg der Adelsfamilie gestattet, 70 Millionen Euro aus dem Verkauf der Handschriften aus der Landesbibliothek Karlsruhe zu schlagen. Im Gegenzug verzichtet Haus Baden ein für alle Mal auf alle Ansprüche auf den großen Rest des Kunst- und Kulturbesitzes zugunsten des Landes.

Der Direktor der Landesbibliothek Karlsruhe, Dr. Peter Michael Ehrle, befürchtet mit dem geplanten Verkauf der Handschriften und Kunstwerke "von europäischem Rang" den Verlust "unersetzlichen Kulturguts". Es bedeute für die Landesbibliothek das Ende als Forschungsbibliothek, wenn man dem Adelshaus nun rund 3.500 ihrer rund 4.200 Handschriften überlassen müsse. Dabei wären die Handschriften, so Ehrle gegenüber der Stuttgarter Zeitung, "um ein Haar ins Weltkulturerbe aufgenommen worden". Nach den Berechnungen der Landesbibliothek müsste die gesamte alte Sammlung verkauft werden, um auf den gewünschten Erlös von 70 Millionen Euro zu kommen. Die Einigung zwischen der Landesregierung und dem badischen Adelshaus, wertvolle Kunstgegenstände dem Markgrafen zu überlassen, ist nicht nur bei der Badischen Landesbibliothek und bei der Badischen Bibliotheksgesellschaft, sondern bisher auch bei der SPD und bei Verbänden auf deutliche Kritik gestoßen...

Link: Presseberichte zum Ausverkauf badischer Handschriften

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Quelle: Reiner Ruf, Stuttgarter Zeitung, 21.9.2006; Heilbronner Stimme, 22.9.2006; FAZ, 21.9.2006, 38, und 22.9.2006, 33.