11.1.07

Erlebnisse eines Wolfenbütteler Vagabunden und Arbeitshäuslers

Gemeinsam mit dem Schweizer Volkskundler Professor Paul Hugger hat Silke Wagener-Fimpel, Archivarin beim Staatsarchiv Wolfenbüttel, das Leben des Vagabunden und Arbeitshäuslers Carl Twele aufgearbeitet. Ende des 19. Jahrhunderts lebte dieser gescheiterte Lehrer, Zirkusartist, Zeichner, Musiker, Trinker und Weltenbummler, der schließlich auch noch ein Opfer der Justiz wurde. Dieser gebildete und durchaus ehrbare Vagabund war ein innerlich zerrissener Mensch, der während seiner Zeit im Wolfenbütteler Arbeitshaus auf dem Tiefpunkt seines Lebens anlangte. Carl Twele hat seine dortigen Erfahrungen handschriftlich aufgezeichnet und mit Zeichnungen versehen. Dieses in Leder gebundene Manuskript erwarb Professor Hugger im Jahre 2006 bei einer Auktion. Da alle vorkommenden Ortsbezeichnungen nur mit dem Anfangsbuchstaben versehen sind, war es nicht einfach, die Ereignisse zu lokalisieren. Seine Vermutung - es könne sich bei dem mit W. abgekürzten Ort um Wolfenbüttel handeln, erwiesen sich als richtig, als er mit Silke Wagener-Fimpel Kontakt aufnahm. In mühsamer Recherche fanden sie schließlich eine Gefängnis-Liste, in dem ein Zeichner namens Twele sowie seine Mithäftlinge vermerkt sind. Silke Wagener-Fimpel fügte in Fußnoten alles zu dem Bericht hinzu, was sie über die Orte herausfand, an denen sich Twele aufgehalten hatte - wie das von ihm besuchte Lehrerseminar, die Besserungsanstalt und den Steinbruch, in dem die Insassen Schwerstarbeit leisten mussten sowie die Badeanstalt an der Oker, wo es ihm gelang, zu fliehen. Des weiteren versuchte die Archivarin, so viel wie möglich über das Leben des Richters und des Staatsanwaltes herauszufinden, denen Twele seine Verurteilung zu verdanken hatte. Der komplette Lebensbericht von Carl Twele ist jetzt unter dem Titel "Der Arbeitshäusler" im Limmat-Verlag als Buch erschienen.

Kontakt:
Niedersächsisches Landesarchiv-Staatsarchiv Wolfenbüttel
Forstweg 2
38302 Wolfenbüttel
Tel.: 05331/935-0
Fax: 05331/935-211
Wolfenbuettel@nla.niedersachsen.de

Quelle: Martin Jasper, newsclick, 9.1.2007