12.1.07

Roburit-Katastrophe Thema beim Archivforum in Witten

Am Abend des 28. November 1906 bricht im Mischgebäude der Wittener Roburitfabrik ein Feuer aus. Kurze Zeit später erschüttern zwei gewaltige Explosionen den Stadtteil: Die Fabrik, die Sprengstoffe für den Bergbau herstellt, ist in die Luft geflogen. 41 Menschen kommen ums Leben, mehrere hundert werden verletzt und über 2000 obdachlos. Die Explosion erregt reichsweite Aufmerksamkeit: Insbesondere das Bürgertum zeigt sich schockiert, ist es doch, im Unterschied zu den zahlreichen Grubenunglücken, unmittelbar betroffen. Großzügig wird für die Opfer der Katastrophe gespendet. Das Unglück verunsichert die Menschen in der Region tief und erschüttert ihr Vertrauen in den technischen Fortschritt. „In vielerlei Hinsicht ist es bis heute exemplarisch für den Umgang mit technischen Katastrophen in der Industriegesellschaft“, so die beiden Historiker Dr. Frank Ahlandt und Stefan Nies, die sich seit einiger Zeit intensiv mit dem Thema beschäftigen und auch die aktuelle Roburit-Ausstellung im Westfälischen Industriemuseum Zeche Nachtigall (siehe Bericht) mit konzipiert haben, die noch bis zum 28. Januar 2007 besichtigt werden kann.

Mit der Roburit-Katastrophe beschäftigt sich auch das 12. Wittener Archivforum am Mittwoch, 17.1.2007 um 19 Uhr in der Hauptwache der Feuerwehr Witten an der Dortmunder Straße 17. Dr. Martina Kliner-Fruck, Historikerin und Leiterin des Stadtarchivs Witten, lädt zu diesem kostenfreien Vortrags- und Diskussionsabend alle interessierten Wittenerinnen und Wittener herzlich ein. „Mit dem Veranstaltungsort in der Feuerwehrhauptwache möchten wir darüber hinaus an die zahlreichen Hilfskräfte erinnern, die von der Katastrophe und ihren Folgen ebenfalls betroffen waren“, so die Archivchefin mit Blick auf die hoffentlich gut besuchte Veranstaltung. Bereits um 18 Uhr gibt es darum eine Führung durch die Feuer- und Rettungswache der Stadt Witten, um den Besuchern einen Überblick über die heutige Ausstattung und die aktuellen Möglichkeiten effizienter Rettungsarbeit zu geben.

In ihrem Vortrag - "... mindestens die moralische Verpflichtung des Staates ..." Konsequenzen aus der Roburit-Explosion vom 28.11.1906 in Witten - behandeln Dr. Frank Ahlandt und Stefan Nies die Nachwirkungen der Katastrophe: technisch, legislativ, sozialpolitisch, religiös, sozial, mental. Nach welchen Kriterien werden die eintreffenden Spendengelder verteilt? Warum kommt es zu Vorwürfen des Antisemitismus? Wie reagieren die Behörden auf das Unglück? Was ergibt das eingeleitete Strafverfahren gegen die Roburitfabrik? Was ergeben die Entschädigungsprozesse? Wie wird die Katastrophe psychisch verarbeitet? Die Beerdigungsfeiern geben Aufschluss über die Entstehung eines Wir-Gruppen-Gefühls. Schließlich: Welchen Stellenwert nimmt die Katastrophe im kollektiven Gedächtnis der Stadt ein? Dr. Martina Kliner-Fruck: „Auf die Besucherinnen und Besucher warten am 17. Januar nicht nur viele Sachinformationen zum Thema, sondern vielmehr ein rundherum spannender Abend.“

Mit seiner Vortragsreihe „Archivforum“ will das Stadtarchiv Witten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Heimatforschern sowie Schülerinnen und Schülern Gelegenheit geben, ihre Forschungsergebnisse zur Wittener Stadtgeschichte der Öffentlichkeit vorzustellen. Im Anschluss an die jeweilige Präsentation der Referenten bietet sich die Möglichkeit zur öffentlichen Diskussion und Aussprache. Die Archivforen finden an wechselnden Orten in Witten statt, wobei die Wahl der Veranstaltungsorte am jeweiligen Thema orientiert ist. Nicht selten werden die Archivforen in Räumlichkeiten präsentiert, die nur bedingt öffentlich zugänglich sind oder wenig Beachtung finden.

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58449 Witten
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Quelle: Forum Geschichtskultur an Ruhr und Emscher, 10.1.2007; Pressemitteilung Universitätsstadt Witten, 11.1.2007