15.1.07

Aufarbeitung und Präsentation der Spandauer Kirchengeschichte

Das reformationsgeschichtliche Museum von St. Nikolai in Spandau, das von Sabine Müller geleitet wird, ist in einem im Kern aus dem Mittelalter stammenden Fachwerkhaus untergebracht. Die wechselnden Ausstellungen beschäftigen sich vorwiegend mit kirchlicher Geschichte, die immer auch Teil der Stadt- und Landesgeschichte ist. Fast ausschließlich werden Stücke aus eigenem Bestand präsentiert. 1994 wurden das neue Museum sowie das Archiv und die Bibliothek der St. Nikolai-Gemeinde am Reformationsplatz 12 eröffnet. Bis zu diesem Zeitpunkt waren sie im Turm der Kirche untergebracht. Da die St. Nikolai-Gemeinde so alt ist wie die Stadt (1232) bzw. der Bezirk Spandau (1920) haben sich im Laufe der Jahrhunderte viele wertvolle Dinge angesammelt: Gemälde, Abendmahlsgeräte, Kirchenbücher und Urkunden. Einen besonderen Schatz stellt die alte Kirchenbibliothek mit rund 3000 Bänden dar. Das älteste Buch ist eine Handschrift aus dem Jahre 1447. Auch einige Inkunabeln gehören zum Bestand. Die meisten Spuren haben jedoch die Epochen der Reformation und der Aufklärung hinterlassen. So wurde in der Kirche St. Nikolai in Spandau, das früher zu Brandenburg und nicht zu Berlin gehörte, 1539 der erste evangelische Gottesdienst Brandenburgs abgehalten. Gerade aus dem 18. Jahrhundert sind viele naturwissenschaftliche und philosophische Bücher erhalten geblieben. Sie zeugen davon, dass damals die Pfarrer die wichtigsten Vermittler von Wissen waren. Die wöchentliche Sonntagspredigt bot die einzige Möglichkeit zur öffentlichen Erwachsenenbildung. Das Museum erforscht und vermittelt die Bestände der St. Nikolai-Kirche. Dies geschieht nicht nur in den Ausstellungen, sondern z.B. auch mit der Restaurierung alter Bücher und durch Neuausgaben besonders interessanter Texte. Einmal monatlich findet auf dem alten Dachboden des Museums eine Abendveranstaltung mit dem Titel „Unterm Dach“ statt. Es werden Konzerte, Lesungen oder Vorträge zu den Themen des Hauses geboten.

Sabine Müller leitet nicht nur das Kirchenmuseum Spandovia sacra, sondern auch die Bibliothek und das Archiv der Spandauer Kirchengemeinde St. Nikolai. Die Bande zwischen St. Nikolai und dem Umland sind eng und alt. So lagern im Spandauer Archiv auch die Kirchen- und Schulakten aus allen umliegenden Orten, die zum Havelländischen und Glienschen Kirchenkreis gehörten. Hier erhält man Informationen über Festgottesdienste, Bibelstunden, Trauungen, Taufen, Bestattungen, Baumaßnahmen, Geläute, Streitfälle zwischen zivilen und Militärpfarrern, Besoldungsfragen, katholische Dissidenten, Sekten, Austritte, zweifelhafte Ehen, empfohlene und verbotene Bücher. Wer im Archiv forschen möchte, muss sich zunächst durch unzählige Karteikarten kämpfen, die heute chronologisch und nicht mehr wie früher sächlich geordnet sind. Eine digitale Erfassung gibt es zwar auch, aber das System ist alt und einfach und nicht mit anderen Systemen kompatibel. Unterstützt wird Sabine Müller bei ihrer Arbeit durch Bärbel und Klaus Lehmann, die ehrenamtlich fast jede Woche ein oder zwei Tage Papiere sichten, enteisen und Akten erfassen.

Kontakt:
Spandovia Sacra-Museum der evangelischen Kirchengemeinde St. Nikolai Berlin-Spandau
Reformationsplatz 12
13597 Berlin / Berlin-Spandau
Tel. 030 3338054
museum@nikolai-spandau.de
www.nikolai-spandau.de

Quelle: Marlies Schnaibel, Märkische Allgemeine, 9.1.2007; Spandovia sacra – Heiliges Spandau.