Spätmittelalterliche Spielkarten im Stadtarchiv Schaffhausen entdeckt
Im Winter 2006/2007 fanden sich bei der Restaurierung einer Handschrift aus dem Stadtarchiv Schaffhausen nicht weniger als 92 Spielkarten des frühen 16. Jahrhunderts als Einbandmaterial. Es handelt sich wohl um die größte Anzahl von spätmittelalterlichen Spielkarten, die bisher in der Schweiz in einem einzigen Buch gefunden wurden. Am Dienstag, den 13. März 2007 um 17.00 Uhr wird der Kartenfund im Rahmen einer Pressekonferenz im Stadtarchiv Schaffhausen präsentiert. Die aufgefundenen Karten wurden ca. 1520-1540 in Basel hergestellt. Sie befanden sich in mehreren Schichten übereinander verleimt unter dem Schweinslederbezug eines Grundzins-Buches des Spendamts. Diese Institution unterstützte seit dem Mittelalter die Hausarmen der Stadt mit Geld- und Brotspenden. Der Band wurde zwischen 1526 und ca. 1550 gebunden. Im Zuge der Restaurierung wurden neben den Spielkarten auch Fragmente einer Pergamenthandschrift gefunden, die wahrscheinlich in Folge der Reformation ausgeschieden und dann vom Buchbinder verwertet wurde. Nach der Trennung und Säuberung der einzelnen Bestandteile gibt der Fund jetzt wertvolle Hinweise auf das spätmittelalterliche Leben und Handwerk.
Die im Stadtarchiv entdeckten Karten gehören zum gleichen Typ wie bereits früher in Schaffhauser Einbänden aufgefundene Spielkarten. Allerdings ist bisher nie eine so große Anzahl von Karten entdeckt worden, die sich wie folgt auf die einzelnen Farben verteilen: 22 Schilten, 19 Rosen, 21 Schellen, 30 Eicheln. Die Farben entsprechen also bereits dem noch heute in der Deutschschweiz gebräuchlichen Kartenbild. Allerdings ist nicht überliefert, wie mit den Karten gespielt wurde – das Jassen kam erst Ende des 18. Jahrhunderts aus Holland in die Schweiz und ist erstmals 1796 in Siblingen nachgewiesen. Zum ersten Mal wurden die Fundumstände bei einem Schaffhauser Spielkartenfund genau dokumentiert und untersucht. Dabei traten neue Erkenntnisse zum Buchbinder-Handwerk in Schaffhausen zutage. So konnte anhand von Vergleichen mit Einbänden in der Stadtbibliothek und dem Staatsarchiv Schaffhausen sowie durch die Auswertung der zeitgenössischen Quellen Lorenz Bell († 1555) als Buchbinder des Bandes identifiziert werden. Diesem Buchbinder verdankt sowohl die Minsterialbibliothek als auch das Stadtarchiv einige bemerkenswerte Einbände. Datierte Besitzeinträge von Michael Eggenstorfer – des letzten Abts des Klosters Allerheiligen – und Einträge in den Rechnungs- und Steuerbüchern der Stadt ermöglichen es, die Arbeit der Buchbinderwerkstatt vom Beginn bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts zu verfolgen. Die Akten belegen auch, dass das Haus des Buchbinders an der Repfergasse lag und an das St.-Agnes-Kloster auf dem Gebiet des heutigen Alterheims am Kirchhofplatz grenzte. Warum der Buchbinder die Spielkarten als Material für den Einband verwendete, ist nicht eindeutig zu klären. Vielleicht hatte er die Karten zusammen mit Papier aus Basel bestellt und erhalten, konnte sie aber aufgrund der nach der Reformation 1530 erlassenen strengen Spielverbote nicht mehr verkaufen. Eventuell handelt es sich auch um gebrauchte Karten, die aufgrund der Verbote eingesammelt und zusammen mit anderem alten Papier und Pergament beim Buchbinder Verwendung fanden.
Kontakt:
Stadtarchiv Schaffhausen
Fronwagplatz 24
CH-8200 Schaffhausen
Tel.: 052 / 632 52 30
Fax: ++41 52 / 632 52 31
peter.scheck@stsh.ch
martin.cordes@stsh.ch
Quelle: News Stadtarchiv Schaffhausen, 5.3.2007
Die im Stadtarchiv entdeckten Karten gehören zum gleichen Typ wie bereits früher in Schaffhauser Einbänden aufgefundene Spielkarten. Allerdings ist bisher nie eine so große Anzahl von Karten entdeckt worden, die sich wie folgt auf die einzelnen Farben verteilen: 22 Schilten, 19 Rosen, 21 Schellen, 30 Eicheln. Die Farben entsprechen also bereits dem noch heute in der Deutschschweiz gebräuchlichen Kartenbild. Allerdings ist nicht überliefert, wie mit den Karten gespielt wurde – das Jassen kam erst Ende des 18. Jahrhunderts aus Holland in die Schweiz und ist erstmals 1796 in Siblingen nachgewiesen. Zum ersten Mal wurden die Fundumstände bei einem Schaffhauser Spielkartenfund genau dokumentiert und untersucht. Dabei traten neue Erkenntnisse zum Buchbinder-Handwerk in Schaffhausen zutage. So konnte anhand von Vergleichen mit Einbänden in der Stadtbibliothek und dem Staatsarchiv Schaffhausen sowie durch die Auswertung der zeitgenössischen Quellen Lorenz Bell († 1555) als Buchbinder des Bandes identifiziert werden. Diesem Buchbinder verdankt sowohl die Minsterialbibliothek als auch das Stadtarchiv einige bemerkenswerte Einbände. Datierte Besitzeinträge von Michael Eggenstorfer – des letzten Abts des Klosters Allerheiligen – und Einträge in den Rechnungs- und Steuerbüchern der Stadt ermöglichen es, die Arbeit der Buchbinderwerkstatt vom Beginn bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts zu verfolgen. Die Akten belegen auch, dass das Haus des Buchbinders an der Repfergasse lag und an das St.-Agnes-Kloster auf dem Gebiet des heutigen Alterheims am Kirchhofplatz grenzte. Warum der Buchbinder die Spielkarten als Material für den Einband verwendete, ist nicht eindeutig zu klären. Vielleicht hatte er die Karten zusammen mit Papier aus Basel bestellt und erhalten, konnte sie aber aufgrund der nach der Reformation 1530 erlassenen strengen Spielverbote nicht mehr verkaufen. Eventuell handelt es sich auch um gebrauchte Karten, die aufgrund der Verbote eingesammelt und zusammen mit anderem alten Papier und Pergament beim Buchbinder Verwendung fanden.
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CH-8200 Schaffhausen
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Labels: Mittelalter
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