8.11.06

Iptinger Gemeindearchiv hat viel zu bieten

Johann Georg Rapp und Johannes von Huber gehören zu den bekanntesten historischen Persönlichkeiten, die aus dem Wiernsheimer Teilort Iptingen stammen. Der eine überwarf sich um das Jahr 1800 mit der evangelischen Kirche und wanderte mit zahlreichen radikalpietistischen Anhängern nach Amerika aus. Der andere brachte es etwa zur gleichen Zeit vom Schuhmacherlehrling zum wohlhabenden Kaufmann und Bankier im französischen Honfleur.

„Doch die Iptinger Geschichte hat mehr zu bieten, viel mehr,“ sagt Dr. Karl Mayer, Mitarbeiter im Kreisarchiv des Enzkreises. Dr. Mayer verzeichnete seit dem Sommer 2004 die geschichtlich bedeutsamen Quellen des Ortsarchivs Iptingen. Diese Verzeichnung ist nunmehr abgeschlossen. Weit über 80 laufende Regalmeter Akten und Bände wurden in einer elektronischen Datenbank erfasst, fast 2.800 einzelne Archivalien unter die Lupe genommen. 6.500 Indexverweise ermöglichen nun einen raschen Zugriff auf alles, was den Heimatforscher interessiert: Von A wie "Abdominaltyphus" bis Z wie "Zwangsarbeiter".

Dabei enthält das Iptinger Archiv neben den zu erwartenden Quellen wie Gemeinderatsprotokollen oder Gemeindepflegrechnungen auch Ungewöhnliches – etwa zahlreiche Baugesuche aus der Mitte des 19. Jahrhunderts mit wunderschönen kolorierten Lageskizzen oder Ehescheidungsakten und Strafnachrichten aus demselben Zeitraum sowie umfangreiche Akten zu geplanten Bahn-Nebenlinien im Raum Stuttgart-Pforzheim von 1896 bis 1918. Aber auch eine dichte Überlieferung des Geschehens im Ersten Weltkrieg hat Dr. Mayer katalogisiert: Von der Versorgung der Zivilbevölkerung über den Arbeitseinsatz von Kriegsgefangenen bis hin zur Zwangsbewirtschaftung der bäuerlichen Betriebe. „Auf Gemeindeebene ist das kaum je zu finden,“ freut sich Dr. Mayer.

Abb.: Das Iptinger Archiv verfügt über eine große Zahl historischer Handzeichnungen wie dieser über Umbaumaßnahmen an der Iptinger Mühle (1846) (© Enzkreis).

Etliche ältere Foliobände, an denen der Zahn der Zeit allzu sehr genagt hatte, wurden auf Kosten der Gemeinde restauriert und erstrahlen nun in neuem Glanz. Nicht mehr zu restaurieren waren dagegen einige Rechnungsunterlagen, in denen noch Granatsplitter aus der Zeit des französischen Einmarsches im April 1945 steckten.

Dass dieser Einmarsch dennoch glimpflich verlief, zeigt das Beispiel des Nachbardorfes Serres: Dort brannte das Rathaus mit allen Unterlagen bei Kriegsende ab. „Außer einigen Güterbüchern, Hebammen-Tagebüchern und Schulunterlagen“, so Mayer, der nun die Akten von Serres verzeichnet, „hat sich nichts aus der Zeit vor 1945 erhalten.“ Gerade solche Verluste zeigen, wie wichtig es ist, die vorhandenen historischen Quellen zu sichern. In Wiernsheim, wo mit Karlheinz Oehler ein geschichtsbegeisterter Bürgermeister an der Spitze der Gemeindeverwaltung steht, stoßen solche Forderungen auf viel Verständnis.

Die historischen Schätze Iptingens sind nun gehoben und stehen dem Heimatkundler zur Einsichtnahme offen. Dass auch der Familienforscher bei rund 1.000 Einträgen im Personenindex der Datenbank fündig wird, versteht sich von selbst. Somit steht Quellenmaterial bereit, das noch über das im Jahre 1986 erschienene, informative Heimatbuch von Karl Seeger hinausreicht und den einen oder anderen Aspekt der Iptinger Ortsgeschichte genauer beleuchtet.

Zurück zu Rapp und Huber: Auch zu diesen beiden enthält das nunmehr benutzbare Archiv Neues – von Rapp etwa die Vermögensaufstellung, die anlässlich der Hochzeit seiner Eltern angefertigt wurde, oder die Bürgerrechts-Verzichterklärungen vieler seiner Anhänger, die 1804 auswanderten. Und das Wirken des Wohltäters Johannes von Huber lässt sich aus den 50 vorhandenen Rechnungen der „Johannes von Huberschen Stiftungspflege“ exakt nachvollziehen.

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Quelle: Enzkreis, Pressemitteilung 313 / 2006, 6.11.2006