Auf den Spuren der jüdischen Familie in Witten
„Jüdische Wurzeln in Witten“ hat Jennifer Wolff aus Puerto Rico. Ihre Großmutter Nelly Katz war unmittelbar nach dem Krieg mit ihrem 1934 geborenen Sohn George Wolff, dem Vater von Jennifer, in die USA emigriert. Über 60 Jahre später geht die 46jährige Public Relations Fachfrau aus dem kleinen Inselstaat in der Karibik in Deutschland auf Spurensuche. Den Anstoß dazu gab die Forschungsarbeit des ehemaligen Amtes für Statistik und Stadtforschung der Stadt Witten, die später im Stadtarchiv fortgesetzt wurde: „Wir haben die Geschichte der ehemaligen jüdischen Gemeinde in Witten sorgfältig aufgearbeitet, um die historischen Quellen zu sichern und die Erinnerung wach zu halten“, erklärt die Leiterin des Stadtarchivs, Dr. Martina Kliner-Fruck. Am 1.4.2007 bereiteten Klaus Lohmann, Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Witten, Klaus Völkel, Leiter des Referates für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation und Dr. Martina Kliner-Fruck Jennifer Wolff einen herzlichen Empfang. Jennifer Wolff betonte, dass ihr Besuch in Witten eine wichtige Herzensangelegenheit sei und sie sich sehr für die Hilfe bei der Suche nach den Wurzeln ihrer Familie bedanke. Ihr Vater erzählte ihr kaum etwas über die Familie, insbesondere nicht über seine Verfolgung während der Nazi-Zeit. Erst nachdem ihn Dr. Martina Kliner-Fruck vor einigen Jahren um einen Erinnerungsbericht bat, habe sie Näheres über sein persönliches Schicksal im Versteck erfahren. Über die Hintergründe des Besuches von Jeniffer Wolff berichtet Dr. Martina Kliner-Fruck Folgendes: Mit dem Vater von Jennifer Wolff gab es 1989 einen ersten brieflichen Kontakt. Es ging um einen Informationsaustausch für die Herausgabe eines Gedenkbuchs, das 1991 unter dem Titel: „Vergessen kann man das nicht: Wittener Jüdinnen und Juden unter dem Nationalsozialismus“ erschienen ist. 2001 besuchte der heute in Florida lebende George Wolff Witten während einer Europareise. Seit einigen Monaten war er erneut im Kontakt mit dem Stadtarchiv, um die erste Begegnung seiner Tochter mit Deutschland vorzubereiten.
George Wolff wurde 1934 in Haaksbergen, Niederlande, geboren. Kurz danach zog er mit seiner Mutter, Nelly Katz geborene Rosenbaum in die damalige Moltkestraße (heute Mozartstraße). Die gebürtige Wittenerin hatte sich von ihrem Ehemann, Erich Katz, nach kurzer Ehezeit getrennt und kehrte nun mit ihrem Sohn in ihr elterliches Wohnhaus zurück. Unter dem zunehmenden Verfolgungsdruck versuchte sie 1939 über Dortmund und Berlin ins rettende Ausland zu gelangen. Ihre Pläne wurden jedoch von falschen Fluchthelfern zunichte gemacht. Sie überlebte mit gefälschten Papieren in verschiedenen Verstecken in Berlin, bevor sie ihren Sohn in einem katholischen Waisenhaus in Wettringen – ebenfalls mit gefälschten Papieren – untergebracht hatte. Nach Kriegsende waren Mutter und Kind in die USA emigriert. Im Februar 2002 erinnerte sich Jeniffer Wolffs Vater in einem Bericht für das Stadtarchiv und die geplante Herausgabe jüdischer Selbstzeugnisse daran, dass seine Mutter und er unter den Glücklichen waren, die trotz zahlreicher schwieriger Momente diese dunklen Jahre der Geschichte überlebten, nicht nur weil seine Mutter ein sehr entschlossener und beharrlicher Mensch war, sondern auch, weil da inmitten der schrecklichen Geschehnisse die Freundlichkeit und Güte fremder Menschen erlebt werden konnte.
Über den weiteren Verlauf des Besuches von Jennifer Wolff berichtet Dr. Kliner-Fruck: „Erstes Ziel der kleinen Reisegruppe um Jennifer Wolff war die Bahnhofstraße. Sie wollte den Ort besichtigen, an dem bis Anfang der 1930er Jahre das Herrenkonfektionsgeschäft „Gebrüder Rosenbaum“ stand, das ihre Urgroßmutter von 1929 bis 1931 als Witwe geführt hatte. Das Gebäude selbst wurde durch Bomben zerstört. Heute ist dort der Durchgang neben der Eisdiele am Berliner Platz. Nächste Station war das Wohnhaus der Rosenbaums in der Mozartstraße – es ist erhalten geblieben. Weitere Stationen des Rundgangs waren der Ort der ehemaligen Synagoge und der Rathausturm. Auf dem jüdischen Friedhof im Ledderken besuchte Jennifer das Grab ihres Urgroßvaters Julius Rosenbaum, der 1929 bei einem Autounfall ums Leben kam. Im hinteren Teil des Friedhofs steht der Grabstein für ihren Urgroßonkel Ludwig Rosenbaum, der sich unter dem nationalsozialistischen Verfolgungsdruck 1935 das Leben nahm. Jennifer Wolff zeigte sich erfreut über die letzten Spuren ihrer Familiengeschichte. Gleichzeitig war sie aber auch – wie alle anderen Anwesenden – sichtlich betroffen: Zum Gedenken an den in Auschwitz ermordeten leiblichen Vater von George Wolff, Erich Katz, und an den in Witten geborenen Großcousin Fritz Rosenbaum, der als „Bruder Wolfgang“ mit Edith Stein aus dem Lager Westerbork am 7. August 1942 nach Auschwitz deportiert wurde, bleibt nur die im Friedhofseingang installierte Steele mit den Namen der Konzentrationslager, in denen Wittener Jüdinnen und Juden ermordet wurden. Zum Abschied sagte Jennifer Wolff, dass es so viele Eindrücke gäbe, die sie im Moment nicht verarbeiten könne und dass sie wiederkommen werde. Dann überreichte sie noch einige Fotoreproduktionen aus dem Familienalbum für das Stadtarchiv Witten – darunter der gefälschte Pass aus der Nazi-Zeit.
Kontakt:
Stadtarchiv Witten
Ruhrstraße 69
58449 Witten
Tel.: 02302 / 581 - 2415
Fax: 02302 / 581 - 2497
stadtarchiv@stadt-witten.de
Quelle: Pressemeldung Universitätsstadt Witten, 3.4.2007
George Wolff wurde 1934 in Haaksbergen, Niederlande, geboren. Kurz danach zog er mit seiner Mutter, Nelly Katz geborene Rosenbaum in die damalige Moltkestraße (heute Mozartstraße). Die gebürtige Wittenerin hatte sich von ihrem Ehemann, Erich Katz, nach kurzer Ehezeit getrennt und kehrte nun mit ihrem Sohn in ihr elterliches Wohnhaus zurück. Unter dem zunehmenden Verfolgungsdruck versuchte sie 1939 über Dortmund und Berlin ins rettende Ausland zu gelangen. Ihre Pläne wurden jedoch von falschen Fluchthelfern zunichte gemacht. Sie überlebte mit gefälschten Papieren in verschiedenen Verstecken in Berlin, bevor sie ihren Sohn in einem katholischen Waisenhaus in Wettringen – ebenfalls mit gefälschten Papieren – untergebracht hatte. Nach Kriegsende waren Mutter und Kind in die USA emigriert. Im Februar 2002 erinnerte sich Jeniffer Wolffs Vater in einem Bericht für das Stadtarchiv und die geplante Herausgabe jüdischer Selbstzeugnisse daran, dass seine Mutter und er unter den Glücklichen waren, die trotz zahlreicher schwieriger Momente diese dunklen Jahre der Geschichte überlebten, nicht nur weil seine Mutter ein sehr entschlossener und beharrlicher Mensch war, sondern auch, weil da inmitten der schrecklichen Geschehnisse die Freundlichkeit und Güte fremder Menschen erlebt werden konnte.
Über den weiteren Verlauf des Besuches von Jennifer Wolff berichtet Dr. Kliner-Fruck: „Erstes Ziel der kleinen Reisegruppe um Jennifer Wolff war die Bahnhofstraße. Sie wollte den Ort besichtigen, an dem bis Anfang der 1930er Jahre das Herrenkonfektionsgeschäft „Gebrüder Rosenbaum“ stand, das ihre Urgroßmutter von 1929 bis 1931 als Witwe geführt hatte. Das Gebäude selbst wurde durch Bomben zerstört. Heute ist dort der Durchgang neben der Eisdiele am Berliner Platz. Nächste Station war das Wohnhaus der Rosenbaums in der Mozartstraße – es ist erhalten geblieben. Weitere Stationen des Rundgangs waren der Ort der ehemaligen Synagoge und der Rathausturm. Auf dem jüdischen Friedhof im Ledderken besuchte Jennifer das Grab ihres Urgroßvaters Julius Rosenbaum, der 1929 bei einem Autounfall ums Leben kam. Im hinteren Teil des Friedhofs steht der Grabstein für ihren Urgroßonkel Ludwig Rosenbaum, der sich unter dem nationalsozialistischen Verfolgungsdruck 1935 das Leben nahm. Jennifer Wolff zeigte sich erfreut über die letzten Spuren ihrer Familiengeschichte. Gleichzeitig war sie aber auch – wie alle anderen Anwesenden – sichtlich betroffen: Zum Gedenken an den in Auschwitz ermordeten leiblichen Vater von George Wolff, Erich Katz, und an den in Witten geborenen Großcousin Fritz Rosenbaum, der als „Bruder Wolfgang“ mit Edith Stein aus dem Lager Westerbork am 7. August 1942 nach Auschwitz deportiert wurde, bleibt nur die im Friedhofseingang installierte Steele mit den Namen der Konzentrationslager, in denen Wittener Jüdinnen und Juden ermordet wurden. Zum Abschied sagte Jennifer Wolff, dass es so viele Eindrücke gäbe, die sie im Moment nicht verarbeiten könne und dass sie wiederkommen werde. Dann überreichte sie noch einige Fotoreproduktionen aus dem Familienalbum für das Stadtarchiv Witten – darunter der gefälschte Pass aus der Nazi-Zeit.
Kontakt:
Stadtarchiv Witten
Ruhrstraße 69
58449 Witten
Tel.: 02302 / 581 - 2415
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stadtarchiv@stadt-witten.de
Quelle: Pressemeldung Universitätsstadt Witten, 3.4.2007
Labels: Familienforschung, Zeitgeschichte
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