12.10.06

Kirchenbuchnutzung in IT-Zeiten

Unter dem Thema „Kirchenbuchnutzung in Zeiten von Digitalisierung und Internet“ fand am 25.9.2006 im Kirchenamt der EKD in Hannover eine Fachtagung des Verbandes kirchlicher Archive in der Arbeitsgemeinschaft der Archive und Bibliotheken statt. Heimatforscher, genealogische Arbeitsgemeinschaften, aber auch kommerzielle Unternehmen bedrängen die kirchlichen Archive immer stärker mit der Bitte um Zurverfügungstellung der Kirchenbücher zur Herstellung von Internetpräsentationen. Die Familienforschung ist ein wachsender Markt im Internet und damit auch ein Objekt der Kommerzialisierung geworden. Die Tagung sollte dazu dienen, über die Vor- und Nachteile des Outsourcing zu informieren, die rechtlichen Problematiken zu beleuchten und mögliche Handlungsstrategien aufzuzeigen.
Werner Jürgensen (Landeskirchliches Archiv Nürnberg) zeigte in seinem Vortrag den engen rechtlichen Rahmen auf, der zur Zeit für Personenstandsdaten durch das Personenstandsgesetz gegeben ist. Auch wenn offen bleiben kann, inwieweit Kirchenbuchdaten ebenfalls diesen Restriktionen zu unterliegen hat, wurde deutlich, dass die Novellierung des Personenstandsgesetzes mit einer einhergehenden Öffnung der Benutzungsmöglichkeiten der Standesamtsregister längst überfällig ist. Dr. Bertram Fink (Landeskirchliches Archiv Stuttgart) beschrieb die derzeitigen Angebote für kommerzielle Kooperationen, wie sie sich zur Zeit darstellen. Gleichzeitig regte er als Alternative die Prüfung eines eigenen gesamtkirchlichen Angebotes an. Dr. Bettina Joergens (Personenstandsarchiv Detmold) betonte in ihrem Beitrag, wie wichtig es ist, auch in Zukunft die Verfügungsgewalt über die eigenen im Archiv verwahrten Daten zu behalten. Deswegen haben die Personenstandsarchive in NRW ihre Digitalisierungsprojekte, die insbesondere auch im Rahmen der Bestandserhaltung forciert werden, in eigener Zuständigkeit weiterverfolgt. Lediglich für die digitale Veröffentlichung der Kirchenbücher wurde eine Kooperation mit einem Verlag gesucht. Dr. Andreas Röpcke (Landesarchiv Schwerin) konnte von seinen Erfahrungen berichten, die er mit der kommerziellen Digitalisierung von Volkszählungsunterlagen bis jetzt gemacht hatte.

In der Diskussion wurde deutlich, dass der Spannungsbogen zwischen Optimierung der Dienstleistung und Kommerzialisierung durch Digitalisierung der Kirchenbücher gerade in Zeiten finanzieller Engpässe sich nicht einfach auflösen lässt. So führt der Anspruch eines spezifisch kirchlichen Auftrags für kirchliche Archive zu anderen Ergebnissen als eine rein nutzerorientierte Herangehensweise. Einig waren sich alle Teilnehmer, dass ein Verzicht über die Verfügungsgewalt kirchlicher Daten z.B. durch Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechte auf keine Fall akzeptiert werden könne. Angestrebt wird eine einheitliche kirchliche Linie, die aber erst noch erarbeitet werden muss. Ob eine solche überhaupt zu finden ist, mag angesichts der unterschiedlichen Ausgangslagen in den einzelnen Landeskirchen allerdings bezweifelt werden.
Wolfgang Günther (Bielefeld)
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