30.12.06

Dokumentation über die Geschichte Niedersachsens

Obwohl das heutige Niedersachsen erst 1946 durch den Zusammenschluss von Hannover, Oldenburg, Braunschweig und Schaumburg-Lippe entstand, blickt das Land Niedersachsen auf eine wesentlich längere Geschichte zurück. Eine zusammenfassende Dokumentation über die gut zweitausendjährige Geschichte Niedersachsens, verfasst im Auftrag der Niedersächsischen Sparkassenstiftung, wurde jetzt der Öffentlichkeit präsentiert.

Geschrieben wurde das mehr als 260 Seiten umfassende und reich bebilderte Werk von Dr. Dieter Brosius - bis zu seiner Pensionierung im Jahre 2001 Leiter des Hauptstaatsarchivs in Hannover. Es war ihm wichtig, dieses Buch nicht nur für einen kleinen Leserkreis zu verfassen, sondern für alle an der Geschichte Niedersachsens Interessierten, selbst wenn sie keinerlei geschichtliche Vorkenntnisse besitzen. Besonders geeignet ist das Werk auch für Schulen und diverse andere Einrichtungen, an die es von der Lottostiftung kostenlos verteilt wurde.

Da das Buch für einen breiten Leserkreis gedacht ist, stand Autor Brosius vor der schwierigen Entscheidung, sich auf die wesentlichsten Informationen zu beschränken und somit viele Details außen vor zu lassen. Herausragende Punkte der Geschichte Niedersachsens wie den ersten Motorflug der Welt in Hannover, die Erfindung der Glühbirne in Springe und die erste Erdölbohrung in Wietze finden aber durchaus Erwähnung, und sollen - wie der Präsident der Niedersächsischen Sparkassenstiftung, Thomas Mang, bei der offiziellen Buchvorstellung betonte - dazu beitragen, dass die Bürger Niedersachsens stolz sind auf das junge Bundesland mit altem Namen und großer Tradition.

Info:
Dieter Brosius: Niedersachsen. Das Land und seine Geschichte in Bildern, Texten und Dokumenten.
Hrsg. durch d. Niedersächsische Sparkassenstiftung, 2006. 263 S. m. über 300 Farb- u. SW-Abb. 29 cm; GEB; DeutschEllert & Richter, 2006
ISBN-10: 3831902658
ISBN-13: 9783831902651
29,95 Euro

Quelle: Thomas Hartmann, Rotenburger Rundschau, 26.12.2006

29.12.06

Eisenbahn-Romantik im Universitätsarchiv Karlsruhe

Dampfend rollte sie ab 1839 durch Baden: die Großherzoglich Badische Staatseisenbahn. Wie die Lokomotiven der ersten Stunde aussahen, zeigen die Konstruktionspläne aus den Jahren 1840 bis 1909, die das Archiv der Universität Karlsruhe jetzt zugänglich gemacht hat. Die Originale sind zum größten Teil auf Transparentpapier gezeichnet - das im Lauf der Zeit sehr brüchig und damit für die Benutzung viel zu empfindlich geworden ist. Mit Hilfe des Landesarchivs Baden-Württemberg konnte das Universitätsarchiv Karlsruhe nun von sämtlichen Plänen großformatige Farbdias erstellen. Hoch auflösende Digitalisierungen der Dias ermöglichen ein genaues Betrachten und Detailvergrößerungen am Bildschirm sowie Papierausdrucke. Zum ersten Mal ist diese Sammlung zur deutschen Technikgeschichte damit für eine breitere Öffentlichkeit zugänglich. Präzise, oft farbige Federzeichnungen zeigen auf 180 Blättern Lokomotiven, die vor allem die Maschinenbaugesellschaft Karlsruhe zwischen 1839 und 1874 gebaut hat. Je Lokomotive gibt es meist fünf bis zehn Planblätter mit verschiedenen Gesamt-, Teil- oder Detailansichten. Zum Bestand gehören aber auch Pläne der Bodenseeschiffe, die von 1840 bis 1888 ebenfalls im Dienst der badischen Staatsbahnen standen.

Das Universitätsarchiv hat die insgesamt über 300 Pläne geordnet und einzeln erschlossen - jeden der Pläne haben die Mitarbeiter des Archivs genau beschrieben: welche Teile er zeigt und in welcher Ansicht, ob die Zeichnung farbig ist, in welchem Maßstab und auf welchem Material sie vorliegt, wie gut der Plan erhalten ist. Dazu kommen Daten wie Gattung, Größe und Baujahr der Maschine. Im Januar 1998 hatte das Institut für Straßen- und Eisenbahnwesen der Universität die Konstruktionspläne an das Universitätsarchiv abgegeben. Der größte Teil der Sammlung stammt aus der früheren Generaldirektion der Badischen Staatseisenbahnen. Von dort hatte sie Professor Dr. Otto Ammann, von 1912 bis 1933 Leiter des Instituts für Straßen- und Eisenbahnwesen und von 1920 bis 1921 Rektor der Universität, für das an seinem Lehrstuhl aufgebaute Verkehrsmuseum erhalten. Interessierte sind herzlich eingeladen, sich im Universitätsarchiv über den Bestand zu informieren. Digitalisate einzelner Pläne können Sie gegen eine Gebühr von 10,23 Euro je Stück erwerben.

Kontakt:
Universitätsarchiv Karlsruhe
Kaiserstr. 12
76128 Karlsruhe
Tel.: 0721 / 608-3494
Fax: 0721 / 608-6122
Nippert @verwaltung.uni-karlsruhe.de

Quelle: Presseinformation Universität Karlsruhe, 22.12.2006; ka-news, 27.12.2006

28.12.06

Wasserzeichen des Mittelalters im Hauptstaatsarchiv Stuttgart

Die aktuelle Ausstellung im Hauptstaatsarchiv Stuttgart, die am 14.12.2006 eröffnet wurde, trägt den Titel "Ochsenkopf und Meerjungfrau - Wasserzeichen des Mittelalters". Wasserzeichen begegnen beim Kontakt mit Papier. Seit den Anfängen der Papierproduktion in Europa, die wohl noch ins 12. Jahrhundert zurückgehen, sind diese Wasserzeichen oder Papiermarken als Herkunfts- bzw. Qualitätsmerkmale ins Papier eingebracht. Sie kennzeichnen damit den Herstellungsort und Produktionsbetrieb, zunächst also die Papiermühle, wo das Papier produziert wurde. Modern formuliert würde man das Wasserzeichen quasi als „Label“ ansprechen können, als Herkunftsmarke oder Gütelogo. Dabei geben sich die Wasserzeichen im Papier freilich nicht auf den ersten Blick zu erkennen, sondern erst, wenn man das Papier gegen eine Lichtquelle hält. Die bekannteste aktuelle Verwendung finden Wasserzeichen in Banknoten. Die neuen Euro-Banknoten zeigen im Gegenlicht das Wasserzeichen auf beiden Seiten des unbedruckten Bereichs. Hier werden das Architekturmotiv des Geldscheins und die Wertzahl sichtbar. Wie seit jeher wird das Wasserzeichen noch immer direkt bei der Papierherstellung durch Variation der Papierstärke erzeugt. Es dient hier – wie bei den Geldscheinen überhaupt – in erster Linie zum Nachweis der Authentizität und zur Sicherung vor Fälschung.

Die Wasserzeichen des Mittelalters stehen zunächst repräsentativ für die zeitgenössische Papiererzeugung. Sie sind vor allem in den Papierhandschriften, -drucken und -zeichnungen erhalten, die heute in den Bibliotheken, Archiven und Museen verwahrt und gezeigt werden. Seitdem das Papier das teurere Pergament als Beschreibstoff mehr und mehr abgelöst hat – was in Mitteleuropa im 15. Jahrhundert, im Mittelmeergebiet früher, in Nord- und Osteuropa später zu beobachten ist – sollte es als bedeutendster Schriftträger bis in unsere Zeit fungieren. Natürlich hat sich die Papierproduktion gerade seit dem 19. Jahrhundert durch die Entwicklung der maschinellen Fertigung wesentlich verändert, und die Bedeutung der Wasserzeichen – bis auf die Banknoten – weitgehend marginalisiert. Doch erst mit der aktuellen Veränderung der Kommunikationsstrukturen durch die elektronischen Medien wird die Bedeutung des Papiers als Informationsträger zunehmend stärker reduziert. Die elektronische Speicherung auf unterschiedlichen Datenträgern ersetzt dabei bereits vielfach den Papierausdruck, wobei die Möglichkeiten ihrer langfristigen „Haltbarkeit“ bislang noch nicht absehbar sind.

Das Papier des Mittelalters und seine Wasserzeichen stellen bei professioneller Aufbewahrung und adäquatem Umgang normalerweise keine konservatorischen Probleme dar. Die Papier- und Wasserzeichenforschung hat entsprechend lange Tradition und wird seit Jahrhunderten international betrieben. Bereits den Zeitgenossen war der Einsatz von Wasserzeichen bei der Papierproduktion und deren Funktion natürlich bewusst, wie schon früh der Traktat des Bartolfus de Saxoferrato zeigt. Die Fragestellungen der modernen Papierhistoriker, Handschriften- und Inkunabelforscher, die sich vor allem mit den Wasserzeichen beschäftigen, orientieren sich neben den wirtschafts- und technikgeschichtlichen Feldern der Papierproduktion, des Papierhandels und der Papierverbreitung vor allem an den methodischen Möglichkeiten der Wasserzeichendatierung. Durch die Wasserzeichensammlungen und Untersuchungen maßgeblicher Forscher wie Charles-Moïse Briquet oder Gerhard Piccard wurde die einschlägige Aussagekraft von Wasserzeichen zur Datierung undatierter Handschriften und Drucke herausgearbeitet. Der Wasserzeichenvergleich und die damit einhergehende Feststellung identischer Wasserzeichen bietet demnach die Möglichkeit, diese in der Regel auf wenige Jahre genau zu datieren, was gerade für die frühen Stücke des 14. bis 16. Jahrhunderts von einschlägiger wissenschaftlicher Bedeutung ist. Voraussetzung für die Datierung mittels Wasserzeichen ist entsprechend eine möglichst große Bandbreite datierter Wasserzeichen, die zunächst vor allem mit den gedruckten Wasserzeicheninventaren von Briquet und Piccard geleistet war. Zahlreiche weitere Wasserzeichenrepertorien ergänzen dieses Material, so dass wesentliche Teile der Wasserzeichen des Mittelalters mittlerweile erfasst sein dürften.

Seit einigen Jahren werden die großen Wasserzeichensammlungen auch elektronisch erschlossen und digital präsentiert, wobei jetzt die Sammlung von Gerhard Piccard im Hauptstaatsarchiv Stuttgart mit ca. 92.000 Wasserzeichenbelegen bereits komplett über Internet zugänglich ist. Daneben stehen die großen Datenbanken "WZMA" (Wien) und "WILC"(Den Haag), die nun als zentrale Informationsquellen in dem von der Europäischen Kommission geförderten Projekt „Bernstein – the memory of papers“ zu einem gemeinsamen „watermark-portal“ im Internet vereint werden sollen. Dabei spielt natürlich die gemeinsame Terminologie bei der Wasserzeichennomenklatur eine besondere Rolle. Die obligatorische Mehrsprachigkeit des Zugangs und der Wasserzeichenbeschreibung erfordert eine internationale Fachdiskussion, wie diese vor allem im Rahmen der IPH (International Association of Paper Historians) bereits Tradition hat.

„Ochsenkopf“ und „Meerjungfrau“ stehen schließlich für zwei bekannte und markante mittelalterliche Wasserzeichentypen, die die zeitgenössische Welt des frühen Papiers genauso repräsentieren, wie die mittelalterliche Ikonologie und die Problemfelder in der aktuellen Papier- und Wasserzeichenforschung. Sie stehen damit auch für die Verbindung mittelalterlicher Papierproduktion mit ihrer modernen Präsentation und Deutung. Die Ausstellung im Hauptstaatsarchiv Stuttgart kann noch bis zum 2.2.2007 besichtigt werden.

Kontakt:
Hauptstaatsarchiv Stuttgart
Konrad-Adenauer-Strasse 4
70173 Stuttgart
Telefon: 0711/212-4335
Telefax: 0711/212-4360
hstastuttgart@la-bw.de
www.lad-bw.de/hstas

Quelle: Landesarchiv Baden-Württemberg.

27.12.06

Sportgeschichte im Mülheimer Stadtarchiv

Ziel des im Mülheimer Stadtarchiv integrierten Sportarchivs ist es, die Mülheimer Sportgeschichte nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Karl Könen, ehemaliger Pressewart des Landessportbundes NRW, und Hans-Karl Starke, früherer Vorsitzender der Mülheimer Turngemeinde 1856, gründeten 1985 aus diesem Grunde das Mülheimer Sportarchiv, dessen Grundstock damals vor allem die Vereinsgeschichte der TG 56, Historisches aus dem Mülheimer Sport, Bücher und Materialien der Turn- und Sportverbände sowie alte Urkunden und Fotos bildeten. Inzwischen ist das historische Material von 90 Sportvereinen im Archiv vorhanden. Ziel ist es jedoch, alle Mülheimer Sportvereine zu veranlassen, auch weiterhin ihr historisches Material dem Sportarchiv zu überlassen, um nicht nur vorhandene Lücken zu schließen, sondern auch, um die Sportgeschichte kontinuierlich weiterschreiben zu können. Zuständig für die Sparte Sport in der historischen Mülheimer Sammlung ist von Beginn an Eva Kniese, kommissarische Leiterin des Stadtarchivs Mülheim. Im Keller des Archivs ist das historische Sportmaterial untergebracht und steht allen Interessierten zur Verfügung, die sich näher mit der Mülheimer Sportgeschichte befassen möchten. Ergänzend dazu liefern Sitzungsprotokolle der Ratsausschüsse, die in der Archivbibliothek untergebrachten Sportbücher und die im Zeitungsarchiv gesammelten Zeitungsartikel die benötigten Informationen.

Kontakt:
Stadtarchiv Mülheim
Aktienstraße 85
45473 Mülheim an der Ruhr
Tel: 02 08 / 455 4260
Fax: 02 08 / 455 4279
stadtarchiv@stadt-mh.de

Quelle: Gaby Rüter, WAZ, 22.12.2006

23.12.06

Geschichte der Glocken im Landkreis Lüneburg

In mühevoller zweieinhalbjähriger Kleinarbeit hat Willi Sgodzaj aus Scharnebeck die Geschichte der Glocken im Landkreis Lüneburg aufgearbeitet. Er fotografierte in allen Glockentürmen des Landkreises die Klangwerke und katalogisierte sie anschließend. Eine Fülle von Ordnern und Karteikarten, gefüllt mit unzähligen Daten und Bildern, zeugt von seiner mühseligen Arbeit, die er gerne allen Interessierten in Buchform zur Verfügung stellen würde. Seine Recherchen führten ihn nicht nur ins Deutsche Glockenarchiv in Nürnberg, sondern auch ins Archiv des Landeskirchenamtes Hannover oder in sämtliche Pfarrarchive des Landkreises. Eine große Erleichterung für seine Arbeit bedeutete es, dass bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts und nach dem Ersten Weltkrieg der Lüneburger Glockenexperte Hermann Wrede die Glocken in Stadt und Landkreis umfassend untersuchte und seine Ergebnisse veröffentlichte. Aus der Zeit um 1200 stammen die ältesten Glocken, die sich im Landkreis Lüneburg erhalten haben. Bei ihnen handelt es sich um drei romanische Glocken im Bardowicker Dom. Im Gegensatz zu vielen anderen Glocken, haben sie die Kriegsjahre schadlos überstanden und landeten nicht auf dem so genannten "Glockenfriedhof" im Hamburger Freihafen und von dort in der Verhüttung. Denn Glocken, von denen es unter anderem die Kirchenglocken gibt, die in Friedenszeiten die Gläubigen zum Gebet rufen, die Verstorbenen auf ihrem letzten Gang begleiten, zu Weihnachten die christliche Botschaft verkünden und das Neue Jahr einläuten, waren in Kriegszeiten genauso wie Rats-, Stunden-, Pest- und Richtglocken Objekte der Begierde und wurden zerschlagen und eingeschmolzen. Viele kunstvoll gefertigte Glocken gingen somit für immer verloren. Rund 80 000 kirchliche und weltliche Glocken wurden allein im Zweiten Weltkrieg von den Nationalsozialisten vernichtet. Unterteilt wurden die Glocken in sofort einzuschmelzende "wertlose Glocken", oder in Glocken, die einen geschichtlichen, wissenschaftlichen oder Kunst-Wert besaßen, und erst einmal zurückgestellt wurden. Glocken, die der Zerstörung entgingen, konnten nach dem Ende des Krieges wieder zurückgekauft werden.

Quelle: Kai Werner Lievenbrück, Landeszeitung Lüneburg, 23.12. 2006

22.12.06

Aufbau eines Gemeindearchivs in Bromskirchen

In der Gemeinde Bromskirchen, Landkreis Waldeck-Frankenberg, soll 2007 damit begonnen werden, ein Gemeindearchiv aufzubauen. Eine Gruppe von zehn Interessierten hat es sich zum Ziel gesetzt, historische Dokumente und Fotos, Akten und Urkunden vor dem Verfall zu retten. Damit soll auch der jüngeren Generation die Möglichkeit gegeben werden, etwas über die Geschichte ihres Heimatortes zu erfahren. Der Anfang dazu wurde bereits mit der Erarbeitung der Chronik zur 750-Jahr-Feier im Jahre 1988 gemacht. Doch erst jetzt soll die Einrichtung eines Gemeindearchivs in die Tat umgesetzt werden. Um sich einen Überblick zu verschaffen, hat die engagierte Gruppe Ehrenamtlicher das vorhandene Material bereits gesichtet. Jürgen Helduser, der vorerst als Ansprechpartner für die Gruppe fungiert, betonte, dass man dankbar sei für jedes weitere zur Verfügung gestellte Material, um den bisherigen Bestand aufzustocken. Er machte auch deutlich, dass sich jeder, der einen Beitrag zur Aufarbeitung und zum Erhalt der eigenen Ortsgeschichte leisten möchte, dieser Gruppe anschließen könne. Außer Bromskirchen sollen auch die Orte Somplar, Neuludwigsdorf, Dachsloch und Seibelsbach miteinbezogen werden. Als Standort für das künftige Archiv wird voraussichtlich ein Raum im Obergeschoss des alten Rathauses dienen.

Kontakt:
Gemeindearchiv Bromskirchen
Jürgen Helduser
59969 Bromskirchen
Tel.: 0 29 84 / 1668

Quelle: Matthias Müller, HNA, 20.12.2006

Säurefraß bedroht Bestände im Arnsberger Stadtarchiv

Ein Problem, das bereits seit gut zwanzig Jahren bekannt ist, droht nun auch im Arnsberger Stadtarchiv einen großen Teil der Bestände zu zerstören. Etwa die Hälfte der rund 2000 Regalmeter Archivalien ist vom Säurefraß betroffen. Stadtarchivar Michael Gosmann har bereits damit begonnen, das betroffene Material zu sichten und eine Prioritätenliste für unbedingt zu erhaltende Dokumente zu erstellen. Eine komplette Rettung des befallenen Materials ist aus technischen und vor allem aus finanziellen Gründen momentan nicht möglich, denn für die Restaurierung würde man 10 bis 15 Jahre benötigen. Gemeinsam suchen nun die Archivare der betroffenen Archive nach Möglichkeiten, den Schaden auf das geringstmögliche Maß zu beschränken. Zur Zeit wird das sogenannte Entsäuerungsverfahren angewandt, bei dem man mittels Gas das alte Papier entsäuert. Ob diese Behandlung jedoch von Dauer ist, kann man heute noch nicht genau voraussehen. Außerdem sind die bisherigen technischen Anlagen nicht auf diese Unmengen von Papier aus den Archiven des gesamten Bundesgebietes ausgelegt.

Der Säurefraß bedroht jedoch nicht alle Archivalien, sondern betrifft erst die Dokumente ab 1850. Mit zunehmender Nachfrage, die Papiermangel zur Folge hatte, begann man damals damit, minderwertiges Material herzustellen und zu verwenden, das sehr säurehaltig ist und vor allem bei Sonnen- und UV-Licht sich verfärbt und zerbröselt. Bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts produzierte man dieses anfällige Papier. Um wenigstens die Inhalte dieser Archivalien zu retten, gibt es die Möglichkeit der Mikroverfilmung, das Einscannen in einen Rechner oder das Fotokopieren. Unterstützt bei ihren Rettungsversuchen werden die nordrheinwestfälischen Archive durch die Landesregierung, die eine hohe Summe für diese Maßnahme zur Verfügung gestellt hat und sich mit 70 Prozent an den Kosten einer Massenentsäuerung beteiligt. Da viele Archive jedoch die restliche benötigte Summe kaum aufbringen können, bleibt den Archivaren nichts weiter übrig, als viele wichtige Dokumente dem Verfall zu überlassen, die damit unwiederbringlich für die Forschung verloren gehen.

Kontakt:
Stadtarchiv Arnsberg
Klosterstraße 11
59821 Arnsberg
Tel.: 02932/201-1241
Fax: 02932/201-1426
stadtarchiv@arnsberg.de

Quelle: Westfalenpost, 21.12.2006

21.12.06

Facettenreiche Erinnerungen an das Kriegsende in Burscheid

Gemeinsam mit Rolf Engelhardt vom Bergischen Geschichtsverein haben die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen des Stadtarchivs Burscheid Barbara Sarx und Sabine Wurmbach das Buch "Kriegsende in Burscheid - Zeitzeugen erinnern sich" heraus gegeben. Nach der erfolgreichen Ausstellung "60 Jahre Kriegsende in Burscheid" vom 18.-29.04.2005 meldeten sich viele Zeitzeugen zu Wort. Somit war das Ziel der Archivmitarbeiterinnen erreicht, das Stadtarchiv in der Burscheider Bevölkerung bekannter zu machen und die Bestände des Archivs zu erweitern. Die Interviews mit den Zeitzeugen hat Constanze Nieder geführt. Viele persönliche Schicksale hat sie dabei erfahren, die sie ohne Veränderungen niedergeschrieben und nun veröffentlicht hat. Sie hat bei ihren Gesprächen erfahren, dass die Menschen trotz der Grausamkeiten des Krieges in den meisten Fällen nie ganz ihren Mut und ihre Hoffnung auf bessere Zeiten verloren hatten und versuchten, irgendwie diese schlimme Zeit zu überstehen. Vor allem nach dem Ende des Krieges entwickelte sich ein großes Gemeinschaftsgefühl, durch das der Wiederaufbau und der allgemeine Aufschwung erheblich erleichtert wurde. Außer den Zeitzeugeninterviews enthält das Buch noch zahlreiche Zeitungsartikel, Ausschnitte aus Tagebüchern, persönliche Erinnerungen, Polizeiberichte sowie Informationen zum Soldaten- und Russengrab auf dem Burscheider Friedhof. Die Dokumentation endet mit der amtlichen Mitteilung des Kriegsendes.

Kontakt:
Stadtarchiv Burscheid
Höhestraße 7-9
51399 Burscheid
Tel.: 02174-670-342
Fax: 02174-670-111
bildung@burscheid.de

Quelle: Lokale Informationen, 19.12.2006

Die Bonner Polizei im Nationalsozialismus

Die 66. Veröffentlichung des Bonner Stadtarchivs trägt den Titel "Kurzerhand die Farbe gewechselt - Die Bonner Polizei im Nationalsozialismus". Dieses Bonner Projekt, das zu den ersten im Land Nordrhein-Westfalen zählt, soll Licht in ein dunkles Kapitel der Bonner Polizei bringen. In zehn Kapiteln wird auf 479 Seiten, darunter zahlreichen Abbildungen, die Rolle der Polizei während des Nationalsozialismus aufgearbeitet. Außer dem Bonner Stadtarchivar Dr. Norbert Schloßmacher zählen noch sechs weitere Historiker und zwei Polizisten zu den Autoren des Buches. Herausgegeben wird das Buch von Udo Behrendes, der aus der Sicht eines Leitenden Polizeibeamten die Entstehung des Bandes schildert. Als wichtigste Quelle für ihre Arbeit diente den Autoren die so genannte Stammrolle der Bonner Polizei. Auf Zeitzeugenbefragungen wurde aus nicht näher bezeichneten Gründen verzichtet. Bonns Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann bezeichnete das Buch dennoch als ein interessantes und motivierendes Werk, das den Lesern die Möglichkeit biete, sich mit der nationalsozialistischen Vergangenheit auseinander zu setzen und die Entwicklung der Polizei während der letzten Jahrzehnte in einem demokratisch geführten Staat nachzuvollziehen.

Kontakt:
Stadtarchiv Bonn
Berliner Platz 2
53103 Bonn
Tel.: 0228-77-2410
Fax: 0228-77-4301

Quelle: Blickpunkt Godesberg, 20.12.2006

20.12.06

Internationaler Stadtrundgang durch Heppenheim

Eine neue Broschüre, die in Zusammenarbeit mit der Ausländerbeauftragten des Kreises Bergstraße, Brigitte Paddenberg, der türkischstämmigen Stadtführerin Ezel Iser und dem Stadtarchiv Heppenheim entstanden ist, ermöglicht es allen Einheimischen und Zugezogenen, ihre Stadt aus einem neuen interessanten Blickwinkel auf einem internationalen Stadtrundgang zu erleben ("Auf Spurensuche in Heppenheim – ein internationaler Stadtrundgang"). Anhand einzelner geschichtsträchtiger Stationen - wie Gebäuden oder Plätzen - kann man sich anhand der Spuren, die viele Migranten unterschiedlichster Nationalitäten seit der frühen Neuzeit bis heute hinterlassen haben, einen kleinen Einblick in ihr Leben und Wirken in Heppenheim verschaffen. Dabei spielen Themen wie Freizeit und Religion im Spannungsfeld der Kulturen, positive oder negative Erlebnisse in der neuen Heimat, Migrationshintergrund und Arbeitsleben eine große Rolle.

Abb.: Stolz auf die neue Publikation „Auf Spurensuche in Heppenheim – ein Internationaler Stadtgang“ sind (v.l.n.r.) Stadtarchivar Harald Jost, Landrat Matthias Wilkes sowie Ausländerbeauftragte Brigitte Paddenberg (Foto: Stadt Heppenheim).

Bei der Präsentation der Broschüre verwies Harald Jost vom Heppenheimer Stadtarchiv auf die Schwierigkeit, die Geschichte der Migranten aus den letzten Jahrzehnten aufzuarbeiten. Denn dazu sind kaum Schriftstücke oder Fotos - im Gegensatz zur Migrationsgeschichte der letzten Jahrhunderte, die gut dokumentiert ist - vorhanden. Deshalb appellierte er auch an alle Neubürger, vor allem an die ausländischer Herkunft, dem Stadtarchiv oder Museum Familiendokumente und persönliche Unterlagen und Aufzeichnungen zur Verfügung zu stellen. Dieses würde künftige Projekte zur Heppenheimer Migrationsgeschichte erheblich erleichtern und vereinfachen. Um allen Interessierten einen schnellen und problemlosen Zugriff auf den Stadtführer zu ermöglichen, soll er auch im Internet zur Verfügung stehen. Außerdem ist eine regelmäßige Überarbeitung der Broschüre geplant, so dass sie - ergänzt durch neue Erkenntnisse und Informationen - immer auf dem aktuellsten Stand ist.

Kontakt:
Stadtarchiv Heppenheim
Ernst Ludwig-Str. 7
64646 Heppenheim
Tel.: 06252/13284 und 13269
Fax: 06252/13233

Quelle: Echo-Online, 15.12.2006; Stadt Heppenheim, Pressemitteilung, 24.11.2006

19.12.06

Schloss Freudenstein neuer Standort fürs Bergarchiv Freiberg

Im Sächsischen Staatsarchiv-Bergarchiv Freiberg werden die Überlieferungen der Bergverwaltungen und zahlreicher Bergbau- und Hüttenbetriebe Sachsens aufbewahrt. Das Bergarchiv vereint historisches Kulturgut aus sechs Jahrhunderten sächsischer Bergbaugeschichte und ist somit ein in seiner Art weltweit einmaliges Zentrum der Montangeschichte. Informationen über die Besitz-, Betriebs-, Vermögens- und Abgabeverhältnisse sowie über Rechtsstreitigkeiten im sächsischen Bergbau befinden sich in den Bergbüchern. Die Entwicklung des Bergbaus seit dem16. Jahrhundert wird durch zahlreiche Akten, Karten, Pläne und Risse dokumentiert. In den überwiegend von Hand gezeichneten Rissen wird vor allem die Situation unter Tage - wie Verlauf der Stollen, Strecken und Schächte, oftmals auch der Erzgänge oder Flöze - dargestellt. Auf vielen Rissen sind aber auch Tagegebäude und technische Anlagen, z.B. Pferdegöpel, Erzwäschen, Radstuben oder Hüttengebäude dargestellt. Nicht mehr existierende Berggebäude und Bergbauanlagen bleiben durch Fotos in Erinnerung und alte Dokumentarfilme lassen den historischen Bergbau wieder zum Leben erwachen. Die wertvolle bergrechtliche und bergbaukundliche Spezialbibliothek mit 18.000 Bänden reicht bis in die Zeit um 1500 zurück und birgt viele besondere Raritäten. Das Sächsische Staatsarchiv-Bergarchiv Freiberg weist einen Bestand von 4.800 laufenden Metern Akten und Bergbüchern, 104.000 Karten, Plänen und Rissen, 63.000 Fotos und 464 Dokumentarfilmen auf. Benutzer können das Archivgut im Lesesaal einsehen und Reproduktionen davon erwerben. Im Rahmen der historischen Bildungsarbeit werden die Archivalien zudem in Form von Ausstellungen oder über Vorträge der Öffentlichkeit präsentiert.

Da das Sächsische Staatsarchiv-Bergarchiv Freiberg inzwischen an die Grenzen seiner Lagerkapazität stößt, war zunächst an einen Neubau gedacht worden. Dieser Plan wurde jedoch zu Gunsten einer künftigen Unterbringung im Schloss Freudenstein in Freiberg, der einstigen Residenz sächsischer Kurfürsten aus dem 12. Jahrhundert, aufgegeben. Bis Ende 2008 sollen die 35 Millionen kostenden Umbau- und Renovierungsmaßnahmen am Schloss abgeschlossen sein, so dass dieses dann als neues geräumigeres Domizil für das Bergbauarchiv dienen kann. Zurückzuführen ist diese Maßnahme auf die Schenkung einer äußerst wertvollen Mineraliensammlung durch Erika Pohl-Ströher, einer gebürtigen Sächsin, die jetzt in der Schweiz lebt. Sie hatte für die Überlassung ihrer Sammlung einen außergewöhnlichen Rahmen für die künftige Präsentation zur Bedingung gemacht. Somit wird Schloss Freudenstein ab 2008 mit der Terra Mineralia und dem Sächsischen Bergarchiv zum einzigartigen Zentrum der größten Mineraliensammlung der Welt.

Kontakt:
Sächsisches Staatsarchiv / Bergarchiv Freiberg
Kirchgasse 11
09599 Freiberg
Tel.: 03731/372-250
Fax: 03731/372-259
poststelle-f@sta.smi.sachsen.de

Quelle: Gudrun Janicke, Mitteldeutsche Zeitung, 18.12.2006; Sächsisches Staatsarchiv-Bergarchiv Freiberg

Hochwasserschäden an Archivgut beseitigt

Im November 2006 wurde in Sachsen die Nachweisprüfung für Fördermaßnahmen zur Beseitigung der Schäden des Augusthochwassers 2002 im Bereich des Archivgutes abgeschlossen. Die Förderung erfolgte auf Grundlage der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Innenministeriums zur Behebung von Hochwasserschäden an Archivgut und Personenstandsbüchern.

Zehn der insgesamt siebzehn betroffenen Archive in Sachsen nutzten dieses staatliche Förderprogramm, darunter die besonders stark in Mitleidenschaft gezogenen Stadtarchive von Olbernhau, Grimma und Bad Schandau. Insgesamt 385.000 € flossen zwischen 2003 und 2005 in die Wiederherstellung von ca. 775 laufenden Metern Archivgut, 80 Urkunden, 150 Karten und 1.520 Fotos sowie 291 historisch besonders wertvollen Bibliotheksbänden.

Mit der Fördermaßnahme wurde die Benutzbarkeit des geschädigten Archivgutes in angemessener Art und Weise wieder hergestellt. Der Großteil der Gelder stand für vorbereitende Arbeiten, Sterilisierung, Reinigung, Restaurierung, Verfilmung und Verpackung von Archivgut zur Verfügung. Nur etwa zwei Prozent der Gesamtschadensmenge war für restauratorische Arbeiten vorgesehen. Mit der Bereitstellung der Fördermittel hat der Freistaat Sachsen den hohen Stellenwert der Archivalien als Kulturgut unterstrichen.

Quelle: Sächsisches Staatsarchiv Dresden, Pressemitteilung.

18.12.06

Hauptgebäude des Schweriner Landesarchivs wird bis 2009 saniert

Die seit Jahren überfällige und geplante Sanierung des knapp hundert Jahre alten Hauptgebäudes des Landesarchivs in Schwerin (siehe Bericht vom 1.12.2006) soll 2007 beginnen. Die dafür erforderlichen Mittel in Höhe von mehr als 5,5 Millionen Euro seien nunmehr im Landeshaushalt von Mecklenburg-Vorpommern eingestellt, teilte Kultusminister Harry Tesch (CDU) am 15. Dezember 2006 nach einem Ortstermin mit.

Tesch: "In diesem Landeshauptarchiv werden Archivarien von unschätzbarem Wert gelagert und bearbeitet - sie sind in Gefahr, wenn wir nicht unverzüglich mit der Sanierung des Hauptgebäudes beginnen. Unser Ziel ist es, auch für ein Gesamtkonzept so schnell wie möglich eine Lösung zu finden, damit die wertvollen umfangreichen geschichtlichen Nachlässe, um die uns andere Bundesländer beneiden, auch weiterhin für die Nachwelt erhalten zu können."

Unabhängig von einem Gesamtkonzept für Baumaßnahmen an archiv angebundenen Räumlichkeiten (u.a. Depots und Werkstätten) soll die Sanierung des Hauptgebäudes bis zur Bundesgartenschau 2009 abgeschlossen sein.

Kontakt:
Landesarchiv Schwerin
Graf-Schack-Allee 2
19053 Schwerin
Telefon: (03 85) 5 92 96-0
Telefax: (03 85) 5 92 96-12
poststelle@landeshauptarchiv-schwerin.de
www.landeshauptarchiv-schwerin.de

Quelle: Lübecker Nachrichten, 15.12.2006; Land MV, Pressemitteilung 172/06, 15.12.2006.

17.12.06

Nikolaus in Hansestädten - ein Aufruf des Stadtarchivs Lippstadt

Das Stadtarchiv Lippstadt plant anlässlich des 27. Internationalen Hansetags, der vom 10. bis 13. Mai 2007 in Lippstadt stattfindet, eine möglichst umfassende Dokumentation zum Thema Nikolaikirchen bzw. Verehrung des heiligen Nikolaus in Hansestädten. Als Patron von Kaufleuten und Seefahrern, Pilgern und Reisenden, verschiedensten Handwerkern und vielen anderen mehr war (und ist) Nikolaus einer der am meisten verehrten Heiligen überhaupt. Und wenn auch dieses Phänomen, ebenso wie der Jakobsweg, weit über das Gebiet und die Zeit der Hanse hinaus reichte, so hatte die Nikolaus-Verehrung doch gerade in den Hansestädten einen deutlichen Schwerpunkt. Deshalb möchte das Stadtarchiv sammeln und dokumentieren, was es an Material über Kirchen und Kapellen, Altäre, Hospitäler und Bruderschaften etc. unter dem Patronat des heiligen Nikolaus in Hansestädten gibt: Kirchenführer, Postkarten und Bilder und alle Arten von veröffentlichten Beiträgen. In diesem Zusammenhang bittet Dr. Claudia Becker darum, alles in Frage kommende Material aus den einzelnen Hansestädten dem Stadtarchiv Lippstadt zur Verfügung zu stellen. Aufgrund der Fülle an Material rechnet sie damit, dass dieses Vorhaben die Archivmitarbeiter lange über den Lippstädter Hansetag hinaus beschäftigen wird.

Kontakt:
Stadtarchiv Lippstadt
Soeststraße 8
59555 Lippstadt
Tel.: 02941/980-262
Fax: 02941/720893
stadtarchiv@stadt-lippstadt.de

Quelle: Die Hanse, Aktuelles.

16.12.06

Über 500 Jahre alte Unterlagen für das Lemgoer Archiv

Anfang Dezember 2006 erhielt Dr. Anikó Szabó, Leiterin des Lemgoer Stadtarchivs, einen Anruf von Ihrer Kollegin aus Minden, Dr. Monika M. Schulte. Dort war ein Nachlass einer verstorbenen Mindenerin, deren Ehemann aus Lemgo stammte, geöffnet worden. Die Erben fanden historische Unterlagen, die sie dem Mindener Archiv übergaben. Dabei stellte Frau Dr. Schulte fest, dass sich die Archivstücke auf Lemgo bezogen und bot Frau Dr. Szabo die kostenfreie Übernahme an.

Am Kläschenfreitag war es dann soweit, in Begleitung eines Kollegen holte die Archivleiterin die historisch wertvollen Unterlagen heim nach Lemgo. Der Stellvertretende Leiter des Mindener Kommualarchivs Vinzenz Lübben gab im Übergabegespräch noch einige Erläuterungen zur Nachlassöffnung und verhehlte dabei nicht, dass man solche wertvollen Unterlagen auch gerne in Minden gehabt hätte. Da sie aber zur Lemgoer Geschichte gehören, war es unter den Archiven selbstverständlich, sie dann auch der Alten Hansestadt wieder zukommen zu lassen. Es handelt sich dabei um ein Rechnungsbuch des Siechenhauses St. Jürgen vor Lemgo (1486-1607), ein Rechnungsbuch der Schulprovisoren (1759-1814) sowie eine Urkunde aus dem Jahre 1663.

Abb.: Übergabe der Bücher an Dr. Anikó Szabó

Diese Archivalien werden nunmehr in die Bestände des Lemgoer Archiv aufgenommen und interessierten Forscherinnen und Forschern zugänglich gemacht. Das Siechenhaus wird erstmals im Jahr 1342 als „Leprosorium“ bei der Kapelle St. Jürgen (St. Georg) erwähnt. Die Rechnungsbücher des Siechenhauses sind im Stadtarchiv erst ab 1606 überliefert, nun wird die Zeit von 1486 bis 1607 erfasst. Zur Geschichte des Siechenhauses St. Jürgen gehört auch die aufgefundene Urkundenausfertigung des Lemgoer Rats für den Bürger Johan Harse und seine Ehefrau über eine gestiftete Rente zugunsten der Provisoren von St. Jürgen und der Leprosen aus dem Jahr 1663. Schließlich wird eine Lücke in der Überlieferung zur Schulgeschichte durch die Schulrechnungen von 1759 bis 1814 geschlossen.

Zwischenzeitlich wurde den Erben in Frankreich bzw. Norddeutschland der Dank der Alten Hansestadt Lemgo übermittelt und eine Einladung nach Lemgo zu einem Besuch des Stadtarchivs und einem Gespräch mit dem Bürgermeister ausgesprochen.

Kontakt:
Stadtarchiv Lemgo
Rampendal 20a
32657 Lemgo
Telefon: 05261/213-413
Telefax: 05261/213215
www.lemgo.de

Quelle: Pressemitteilung der Alten Hansestadt Lemgo, 14.12.2006.

15.12.06

Hessischer Archivpreis für Idsteiner Stadtarchivarin

Die hessischen Archivpreise des Jahres 2006 gehen an das Stadtarchiv Eschwege (siehe Bericht vom 3.11.2006) sowie an drei seit vielen Jahren ehrenamtlich tätige Archivare in Höchst im Odenwaldkreis, Freienseen im Landkreis Gießen und Idstein im Rheingau-Taunus-Kreis. Christel Lentz, die für ihre Betreuung des Stadtarchivs Idstein ausgezeichnet wurde, erhielt € 1.000,-, die von der Hessischen Staatskanzlei gestiftet wurden.

Vorgeschlagen für diese Ehrung wurde Christel Lentz vom Hessischen Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden, wo sie regelmäßig in den dort gelagerten 450 laufenden Meter Akten über Idstein recherchiert. Seit 1997 war sie im Idsteiner Archiv zunächst als stellvertretende Leiterin tätig und übernahm dann ab 2002 die Leitung des Stadtarchivs, die sie ehrenamtlich ausübt. Sie berät und unterstützt nicht nur Hobby-Historiker und Ahnenforscher bei ihrer Arbeit, sondern auch Schulklassen bei den unterschiedlichsten Projekten und versucht gerade auch den Schülern die Geschichte ihrer Heimat näher zu bringen. Sie ist aber auch eine gefragte Expertin bei der Baugeschichte vieler Gebäude und sorgt mit der Anbringung von Gedenktafeln an geschichtsträchtigen Häusern dafür, das deren Historie nicht in Vergessenheit gerät und auch die jüngere Generation davon Kenntnis erhält. Des weiteren hat sie sich auch mit zahlreichen größeren und kleineren Publikationen, die sich überwiegend auf ihre Heimatregion beziehen, einen Namen gemacht.

Kontakt:
Stadtarchiv Idstein
König-Adolf-Straße 2
65501 Idstein
Tel.: (06126) 78-280
Fax: (06126) 78-300
www.idstein.de

Quelle: Volker Stavenow, Main-Rheiner, 13.12.2006; VdA, Hessischer Archivpreis 2006.

Dokumentation über Oberbergische Sportgeschichte

Die Oberbergische Sportgeschichte - von den Anfängen des 19. Jahrhunderts bis zum Jahr 1945 - beleuchtet der Lehrer und Autor Maik Bubenzer in seinem am 14.12.2006 erschienenen Buch „Oberbergische Sportgeschichte“. 2001 hatte Maik Bubenzer damit begonnen, die Sportgeschichte im Oberbergischen Kreis aufzuarbeiten. Der Landrat lobte bei der Buchpräsentation die Arbeit des 31-jährigen Autors im besonderen Maße und bezeichnete das Buch als „enorme Fleißarbeit“. Diese lobte auch Kreisarchivar Gerhard Pomykaj, der die sehr genaue Arbeit Bubenzers im Archiv des Oberbergischen Kreises hervorhob und darauf hinwies, dass der Sport in hervorragender Weise in die geschichtliche Entwicklung eingebunden sei. Darüber hinaus bezeichnete Gerhard Pomyjkaj das Buch als Pionierleistung, da es bis zu diesem Zeitpunkt noch keinen sportgeschichtlichen Gesamtüberblick im Oberbergischen gegeben hat. Der Autor selber bedankte sich für die großzügige Unterstützung durch die Kulturstiftung Oberberg und die Kreissparkasse Köln, die einen erheblichen Beitrag zur Realisierung des 170 Seiten starken Bandes beigetragen hatten.

In dem Buch wird zunächst die Entstehung der Oberbergischen Turnvereine und die Entwicklung des Turnens bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges 1914 ausführlich dargestellt und danach die Zeit bis 1933 näher beleuchtet. Anschließend werden die immer populärer werdenden Sportarten Fußball, Handball und Leichtathletik vorgestellt. Aber auch die Zeit des Nationalsozialismus kommt nicht zu kurz, in der unter anderem die konfessionellen Sportgruppen und Arbeitersportvereine verboten und in den „Deutschen Reichsbund für Leibesübungen“ integriert wurden. Ergebnisstabellen, Illustrationen und Bilder ergänzen die Ausführungen.

Kontakt:
Archiv des Oberbergischen Kreises
Hohenzollernbad
Moltkestraße 45
51643 Gummersbach
Tel.: 02261 88-1009
Fax: 02261 88-1118
gerhard.pomykaj@obk.de

Quelle: Oberberg-Aktuell, 14.12.2006

14.12.06

100 Jahre Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv zu Köln

"Man muss die Zukunft im Sinn haben und die Vergangenheit in den Akten" - diese Feststellung des französischen Staatsmanns Talleyrand (1754-1838) hat auch heute noch uneingeschränkte Gültigkeit und zwar in nicht unerheblichem Maße für die Wirtschaft. Mit dem Wissen der bisherigen Entwicklungen im Hinterkopf können neue Ziele deutlicher gesteckt, können Irrwege vermieden werden. Die Stadt Köln und die Handelskammer Köln erkannten dies schon vor 100 Jahren und gründeten deshalb gemeinsam Rheinisch-Westfälische Wirtschaftsarchiv (RWWA) als erstes regionales Wirtschaftsarchiv der Welt. Seine vordringlichste Aufgabe war die Sicherung der Quellen der Wirtschaft. Im Jahre 2000 wurde das RWWA in eine Stiftung umgewandelt, die als Serviceeinrichtung für die Unternehmen in der Region tätig ist.

Seit 1906 sichert dass RWWA von der Vernichtung bedrohte Unterlagen, deren Erhalt für die Dokumentation des Wirtschaftsstandortes und seiner Geschichte von Bedeutung ist. Große Unternehmen wie Deutz, Felten & Guilleaume, JTI, Babcock und Stollwerck, aber auch Mittelständler wie Brügelmann, Farina, Johann Wülfing & Sohn, Muelhens und H. P. Kuhlman Söhne haben ihre Akten, Fotos, Filme, Geschäftsbücher und Marketingunterlagen dem RWWA bereits anvertraut. Ehemalige Unternehmen, die in der rheinischen Wirtschaft noch bekannt sind, bleiben so dem Gedächtnis erhalten. Daneben hält das RWWA vielfältige Dokumentationen und Informationen über die Kölner, die rheinische, ja sogar die deutsche Wirtschaft bereit. Hier ist vor allem die Sammlung von über 17. 000 Firmenfestschritten zu nennen, die bis in das letzte Quartal des 19. Jahrhunderts zurückreicht.

Das RWWA sichert aber nicht nur die Unterlagen der rheinischen Wirtschaft - rund 14 laufende Regalkilometer - in seinem eigenen Magazin. Es betreut auch Unternehmen, die ihre Geschichte und Tradition selbst bewahren wollen. Dazu gehören Beratung bei der richtigen Wahl der Räume, Hilfestellung bei der Auswahl von Archivmaterial oder -software ebenso wie auch Schulung von Mitarbeitern. Das RWWA lebt dabei keineswegs in der Vergangenheit: Um auch in Zukunft Unternehmen wie wissenschaftlichen Benutzern einen zeitgemäßen Service anbieten zu können wird es im Dezember 2006 als erstes Kölner Archiv Findbücher online präsentieren.

Das RWWA ist eine Institution der Wirtschaft, die Verständnis wecken will für wirtschaftliches Handeln, das Wirken der vielen mittelständischen Unternehmen am Markt und die Kommunikation zwischen Wirtschaft und Gesellschaft. Die Basis dazu legen die Unternehmen, die sich für die Zukunft entscheiden und die Aufbewahrung ihrer historischen Quellen sicherstellen - damit in weiteren 100 Jahren Unternehmer und Unternehmen von heute Inhalt des gesellschaftlichen Diskurses sind.

Kontakt:
Stiftung Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv zu Köln
p.A. IHK Köln
Direktor Dr. Ulrich S. Soénius
Unter Sachsenhausen 33
50667 Köln
Tel.: 0221/1640-800
Fax: 0221/1640-829
rwwa@koeln.ihk.de

Quelle: RWWA; Carl. Dietmar, Kölner Stadt-Anzeiger, 13.12.2006

13.12.06

Achte »Zeitkapsel« im Deutschen Literaturarchiv Marbach

»Time capsules« – Zeitkapseln – nannte Andy Warhol seine Pappschachteln, in denen er Dinge für die Nachwelt sammelte und verschloss. Seit über einem Jahr zeigt das Deutsche Literaturarchiv Marbach in seiner Veranstaltungsreihe der »Zeitkapseln« neue Funde und verborgene Schätze aus den Schriftsteller- und Gelehrtennachlässen in seinen Magazinen. Am 13. Dezember 2006 stellten Professor Dr. Ulrich Raulff, Direktor des Archivs, und Sonja Schön die achte »Zeitkapsel« vor: Sie zeigten den vor kurzem erworbenen Teilnachlass Friedrich Gundolfs (1880-1931) und lasen aus Briefen dieses berühmtesten Literaturwissenschaftlers des ersten Jahrhundertdrittels und seiner späteren Ehefrau, Elisabeth Salomon.

1.500 Postkarten und Briefe wechselte das Paar, mehr als 4.000 Blatt Papier füllte es mit seinen Gefühlen und Sehnsüchten, Ängsten und Gedanken. Eine Liebe im Netz anderer Lieben – im Rücken die Zeitläufe vom Ersten Weltkrieg bis zum Ende der Weimarer Republik, über sich den George-Kreis und die Macht des Meisters. Der Koffer, der diese irrsinnige Geschichte der Liebe und des Schmerzes von ihrem Beginn im Sommer 1914 bis zum Tod des Geliebten im Sommer 1931 bewahrte, kam Ostern 2006 aus Amerika ins Archiv.

Der Teilnachlass enthält auch umfangreiche Materialien zu Gundolfs Streit um sein uneheliches Kind und dessen Mutter Agathe Malachow, Verlagskorrespondenzen und Familienpapiere, zahlreiche Fotografien, kostbare Widmungsexemplare von Stefan George sowie Notizbücher, in die Gundolf seine Gedichte schrieb. Auf der Grundlage dieses Materials ist es erstmals möglich, eine sowohl wissenschaftliche als auch persönliche Aspekte umfassende Biografie des Germanisten zu schreiben. Die Erwerbung des Teilnachlasses von Friedrich Gundolf wurde dank der großzügigen Unterstützung der Karl Wolfskehl-Stiftung, des baden-württembergischen Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst, des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie der Koch, Neff und Volckmar GmbH ermöglicht. Weitere umfangreiche Korrespondenzen von Gundolf sind mit dem Nachlass des Philosophen Raymond Klibansky nach Marbach gekommen. Auch sie stehen der Forschung zur Verfügung.

Das Deutsche Literaturarchiv Marbach hat den Nachlass des kürzlich verstorbenen Philosophen Raymond Klibansky (1905-2005), der einer der größten Gelehrten des 20. Jahrhunderts war, erhalten. Die Papiere und Korrespondenzen, die als Stiftung der Familie nach Marbach gelangten, bezeugen eine außergewöhnliche Lebensgeschichte: Klibansky wurde 1905 als Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Paris geboren und studierte ab 1921 in Heidelberg. Er traf dort auf Gelehrte wie Karl Jaspers und Alfred Weber, Friedrich Gundolf und Ernst Kantorowicz, deren intellektuelle Wirkung weit über das akademische Milieu hinausreichte. Er verkehrte im Salon von Marianne Weber, Klaus und Golo Mann gehörten zu seinem Freundeskreis, und Paul Oskar Kristeller, der große Ideenhistoriker der Renaissance, war sein Kommilitone. Früh trat Klibansky in eine intensive Arbeitsbeziehung zu Ernst Cassirer und Aby Warburg. Warburgs Programm einer allgemeinen Kulturwissenschaft und Cassirers Forschungen zur Vorgeschichte der neuzeitlichen Philosophie und Wissenschaft wurden für ihn selbst als Wissenschaftler wegweisend.

Aus den in Marbach eingetroffenen Korrespondenzen lassen sich Klibanskys intensive und erfolgreiche Bemühungen um die Rettung von Warburgs einzigartiger Kulturwissenschaftlicher Bibliothek nach 1933 ebenso rekonstruieren wie seine Exiljahre in England, wo er während des Kriegs für den britischen Geheimdienst arbeitete. Dokumentiert sind seine philosophiegeschichtlichen Entdeckungen und seine vielfältigen Lehrämter nach 1945, die ihn nach Oxford, Montreal und Paris führten, wo er, als weltweit anerkannter Gelehrter und langjähriger Präsident des Internationalen Instituts für Philosophie, ein weltweites Korrespondenznetz knüpfte. Der Forschung stehen in Marbach nun neben seinen Materialien, Entwürfen und Manuskripten über Meister Eckhart, Cusanus und David Hume auch die Vorarbeiten und Urschriften jener beiden Bücher zur Verfügung, die ihn in Deutschland vor allem bekannt gemacht haben: sein zusammen mit Erwin Panofsky und Fritz Saxl verfaßtes kulturhistorisches Standardwerk »Saturn und Melancholie« (1964, deutsch: 1990) und seine Autobiographie »Erinnerungen an ein Jahrhundert. Gespräche mit Georges Leroux« (2001).

Kontakt:
Deutsches Literaturarchiv Marbach
Schiller-Nationalmuseum
Schillerhöhe 8-10
71666 Marbach am Neckar
Tel.: (07144) 848-0
Fax: (07144) 848-299

Quelle: Kulturkurier, Pressemitteilung, 13.12.2006; Pressemitteilung, Deutsches Literaturarchiv Marbach, 27.11.2006; Pressemitteilung Deutsches Literaturarchiv Marbach, 6.12.2006

Bochum erhält ein Zentrum für Stadtgeschichte

Das Stadtarchiv Bochum wird in den nächsten Monaten in das ehemalige ARAL-Gebäude an der Wittener Straße 47 umziehen. Diesen Umzug nach 22 Jahren am Standort Kronenstraße 47 gilt es in den kommenden Monaten vorzubereiten, was angesichts des großen Umfangs unserer Akten-, Bibliotheks- und Sammlungsbestände keine kleine Aufgabe ist. Zu diesem Zweck ist der Lesesaal seit dem 11. Dezember 2006 bis zur Eröffnung geschlossen.

Auf 8.000 Quadratmetern Fläche entsteht derzeit das neue, dann zentral gelegene Heim für das Stadtarchiv Bochum. Das "Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte" soll neben dem Archiv auch auch eine 1.800 Quadratmeter große Ausstellungsfläche für thematische Schwerpunkte der stadthistorischen Sammlung, ein Kino, einen Lesesaal, eine Cafeteria und einen Medienraum beherbergen.

Insgesamt kostet der Umbau rund 4,2 Millionen Euro. Das Archiv soll bereits am 5. Juli 2007 wiedereröffnet werden. Während der Schließungszeit ist, außer in Härtefällen, keine Serviceleistung des Archivs möglich. Die Fertigstellung des Gesamtkomplexes ist für 2010 geplant.

Das Stadtarchiv im Gertrudiscenter in Wattenscheid ist vom 12. Dezember 2006 bis zum 30. Juni 2007 jeweils Dienstags und Mittwochs geöffnet. Öffnungszeiten des Stadtarchivs in Wattenscheid, Alter Markt 1, 44866 Bochum-Wattenscheid: Dienstag 12:00 bis 18:00 Uhr, Mittwoch 10.00 bis 17:00 Uhr.

Kontakt:
Stadtarchiv Bochum
Telefon: (0234) 910-6537
Telefax: (0234) 910-6539
stadtarchiv@bochum.de

Quelle: Forum Geschichtskultur, 7.12.2006

12.12.06

Pforzheim Moments - Originalfilme aus dem Stadtarchiv

Die jetzt im Handel befindliche DVD "Pforzheim Moments" wurde der Öffentlichkeit am 7. Dezember 2006 durch Christian Groh vom Stadtarchiv Pforzheim vorgestellt. Der Filmbestand des Stadtarchivs, der im vergangenen Jahr aus Erhaltungsgründen in die Landesfilmsammlung Baden-Württemberg (Haus des Dokumentarfilms) eingegangen ist, gehört zu den landesweit umfangreichsten städtischen Sammlungen bewegter Bilder. Bei den mehr als 100 Filmen aus den Jahren 1935 bis 1995 handelt es sich überwiegend um Zeitdokumente über den Wiederaufbau. Aber auch letzte Aufnahmen des "alten" Pforzheim sind enthalten.

In Kooperation mit Studierenden der Hochschule Pforzheim (FB Gestaltung) und großzügiger Unterstützung durch die Filmförderung Baden-Württemberg geben das Stadtarchiv Pforzheim und das Haus des Dokumentarfilms Stuttgart nun eine Edition auf DVD heraus, die einige der interessantesten Aufnahmen von den 1930er bis in die Mitte der 1970er Jahre zum Teil erstmals öffentlich zugänglich macht. Die DVD, die für zwölf Euro zu erwerben ist, enthält neben fast 180 Minuten Originalfilmen interaktive Elemente sowie erläuternde Textpassagen und stellt eine neuartige und ansprechende Präsentation von Archiv- und Filmgut dar. Als Diashow oder Bilderrätsel lassen sich die Inhalte der DVD thematisch oder chronologisch ansteuern. Kulturreferentin Isabel Greschat sah die DVD als gutes Beispiel dafür an, dass das kreative Potenzial der Hochschule Pforzheim auch von anderen Institutionen genutzt werden kann. Des weiteren hob sie die gelungene Vernetzung mit der Kultur hervor.

Kontakt:
Stadtarchiv Pforzheim
Kronprinzenstr. 28
75177 Pforzheim
07231-39 2899
07231-39 1674
archiv@stadt-pforzheim.de

Quelle: Pforzheimer Zeitung, 8.12.2006; Pressemitteilung Stadt Pforzheim, 7.12.2006

10.12.06

Familiengeschichte in russisch-amerikanisch-deutscher Kooperation

Für eine Woche war Dr. Michael Katin-Jartzew aus Moskau in Deutschland. Hauptanziehungspunkte für den jungen Historiker: Das Kreisarchiv des Enzkreises und das Archiv der Gemeinde Ölbronn-Dürrn. Das Thema: Die Geschichte der Familie Haberstroh. „Für mich ist das ein bemerkenswertes Beispiel grenzüberschreitender Zusammenarbeit in der Familienforschung,“ sagt Kreisarchivar Konstantin Huber, der den Wissenschaftler unterstützte.

Dr. Katin-Jartzew, der sehr gut Deutsch spricht, beschäftigt sich schon viele Jahre mit der Auswanderung der Deutschen nach Osteuropa. Deshalb bat ihn ein Bekannter namens Sergej Gabestro, den Spuren seiner Vorfahren zu folgen – der Familie Haberstroh, die aus Dürrn stammt. Dort ist sie schon fünf Jahrhunderte nachweisbar und bis heute im Raum Pforzheim verbreitet. „Der Kontakt zu uns kam interessanterweise über einen in Bonn lebenden Amerikaner zustande, der sich selbst schon intensiv mit den Haberstrohs befasst hat – Dr. Bob Haberstroh,“ so Archivar Huber. Mit Hilfe der Archive von Kreis und Gemeinde, die er vor Jahren besucht hatte, habe der Deutsch-Amerikaner umfangreiche Stammfolgen der Familie zusammengestellt: „Bob Haberstrohs Vorfahren sind um 1790 von Dürrn nach Diefenbach gezogen und dann um 1850 in die USA ausgewandert.“

Abb.: Auf den Spuren der Familie Haberstroh: Bei seinen Forschungen bekommt der Moskauer Historiker Dr. Michael Katin-Jartzew auch Hilfe von Ölbronn-Dürrns Bürgermeister Adalbert Bangha und Kreisarchivar Konstantin Huber (v.l.n.r.). (Foto: Bianca Schempf)

Michael Katin-Jartzew nun interessiert sich besonders für die Lebensgeschichte des Webers Georg Adam Haberstroh, der 1763 in Dürrn geboren wurde und 1817 in das Schwarzmeergebiet auswanderte. In alten Kauf- und Güterbüchern im Gemeindearchiv entdeckte der Historiker Georg Adams Spuren und entzifferte die Einträge über den Kauf und Verkauf seiner Güter. Im Lauf zweier Studientage im Kreisarchiv fand er sogar noch weitere Russland-Auswanderer namens Haberstroh aus Dürrn, die ihm bislang nicht bekannt waren. Anhand von Mikrofilmen alter Lagerbücher aus dem Generallandesarchiv Karlsruhe konnte Katin-Jartzew feststellen, dass schon 1565 mehrere Haushaltsvorstände Haberstroh in Dürrn lebten, deren Namen teilweise Haberstrow und Haberstrauw geschrieben wurden. Der bislang älteste Nachweis eines „Steffan Haberstro“ stammt gar aus dem Jahr 1512.

Doch der Moskauer Historiker will mehr wissen als nur nackte Daten und Zahlen: „Ich möchte dem genealogischen Skelett auch Informationen über die Lebensumstände hinzufügen. Wie war der Alltag der Dürrner Einwohner? Warum ist man von dort aus in verschiedene Teilen der Welt ausgewandert? Wie hat das Dorf damals ausgesehen – und wie sieht es jetzt aus?“ Dazu erfuhr er einiges vom Ölbronn-Dürrner Bürgermeister Adalbert Bangha, der den Besucher im Dürrner Rathaus begrüßte, in dem auch das Gemeindearchiv untergebracht ist.

Anschließend führte Archivar Huber Dr. Katin-Jartzew durch den Ort. Gemeinsam besichtigten sie neben Rathaus, Kirche und Friedhof die wunderschönen Fachwerkhäuser des Straßenangerdorfes. Besonderes Interesse zeigte Katin-Jartzew an den Hausinschriften. Im Unterdorf fand er an einem Haus die Jahreszahl 1617 und daneben den Namen „Heinrich Haberstrumpf“ – auch dies sicher ein Mitglied der Familie Haberstroh! Huber, der momentan an einer Ortsgeschichte für Dürrn arbeitet, hat seinen Moskauer Kollegen gebeten, weitere Informationen aus russischen Archiven über die ausgewanderten Dürrner zusammenzustellen, um diese exemplarisch in die Dürrner Chronik aufzunehmen – eine Bitte, der Katin-Jartzew gerne nachkommen will. Er hat sich auch bereit erklärt, ein kleines Kapitel über die Russland-Auswanderung für dieses Buchprojekt zu schreiben. Bevor er wieder nach Moskau zurückfliegt, wird der Historiker nun noch Dr. Bob Haberstroh in Bonn besuchen und mit ihm die neugewonnenen Erkenntnisse über die Dürrner Familie austauschen und diskutieren.

Kontakt:
Landratsamt Enzkreis - Kreisarchiv
Zähringerallee 3
75177 Pforzheim
Telefon: (07231) 308-423
Fax: (07231) 308-837
Kreisarchiv@enzkreis.de

Quelle: Enzkreis, Pressemitteilung 337/2006.

8.12.06

Dokumentation über Nationalsozialismus in Leinfelden-Echterdingen

Die Zeit von 1933 bis 1945 wurde in den älteren Heimatbüchern der vier Stadtteile Leinfelden, Echterdingen, Stetten und Musberg nur sehr stiefmütterlich behandelt. Deshalb war es höchste Zeit, die vorhandenen Lücken zu schließen. Im Jahr 2003 begann Stadtarchivar Dr. Bernd Klagholz damit, die noch ausstehende Geschichte in der Zeit des Nationalsozialismus von 1933 bis 1945 aufzuarbeiten. Zuvor waren bereits in einigen zeitgeschichtlichen Projekten des Stadtarchivs Leinfelden-Echterdingen Teilaspekte des Nationalsozialismus, wie etwa der Luftkrieg, das Kriegsende und die Besetzung bearbeitet worden. Auch in das neue Projekt zum Nationalsozialismus wurden wiederum die Bürgerinnen und Bürger, die die Zeit von 1933 bis 1945 miterlebt haben, einbezogen. Diese Zeitzeugen ließen ihr Wissen in das Projekt einfließen. Denn ein Schwerpunkt der Arbeit liegt darin, wie der Alltag der Menschen ausgesehen hat und wie sie die Auswirkungen des Nationalsozialismus vor Ort erlebt haben. Weitere spannende Fragen sind, ob die nationalsozialistische Herrschaft in den vier Ortsteilen Leinfelden, Echterdingen, Stetten und Musberg unterschiedliche Ausprägungen erfahren hat und wie es überhaupt zum "Dritten Reich" kommen konnte. Dabei wurde die Endphase der Weimarer Republik mit ihren großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten - insbesondere die große Arbeitslosigkeit - in das Gesichtsfeld miteinbezogen.

Außer der intensiven Zeitzeugenbefragung konnte Dr. Bernd Klagholz auch auf umfangreiches Aktenmaterial aus dem heimischen Stadtarchiv, dem Pfarrarchiv Musberg, dem Landeskirchlichen Archiv Stuttgart und dem Landesarchiv Ludwigsburg zurückgreifen. Die Ergebnisse sind nun im Rahmen der Schriftenreihe des Stadtarchivs in dem 145 Seiten umfassenden Buch "Der Aufstieg des Nationalsozialismus" veröffentlicht worden. Es deckt die Zeit zwischen 1918 und 1933 ab. Der zweite Band, der sich mit der Zeit von 1933 bis 1939 beschäftigt, wird voraussichtlich Ende 2007 erscheinen. Ergänzend zu der Dokumentation gibt es auch eine begleitende Ausstellung im Stadtarchiv.

Kontakt:
Stadtarchiv Leinfelden-Echterdingen
Schönaicher Sträßle 4
70771 Leinfelden-Echterdingen
Tel.: 0711/9975409
Fax: 0711/ 9975410
b.klagholz@le-mail.de

Quelle: Stuttgarter Wochenblatt, 7.12.2006; Stuttgarter Wochenblatt, 7.12.2006; Stadtarchiv Leinfelden-Echterdingen

6.12.06

Umfangreiche Nikolaus-Sammlung für LVR-Archiv

Die Witwe des 2005 verstorbenen niederländischen Honorarkonsuls und Nikolaus-Forschers Professor Gerd W. Hulsman hat dem Archiv des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) jetzt dessen umfangreiche private Sammlung zum Hl. Nikolaus von Myra vermacht, die er jahrzehntelang auf unzähligen Reisen zusammengetragen hatte. Bereits seit vielen Jahren bestand eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Amt für Rheinische Landeskunde des Landschaftsverbandes Rheinland und Prof. Hulsmann. Die wertvollen Exponate - wie Schriften, Bücher, Fotos mit den unterschiedlichsten Nikolausdarstellungen, Ikonen, Briefmarken, eine Schiffsflagge, Spekulatiusbretter und sogar Weinflaschen mit einem Nikolausetikett - werden von Volkskundlern nun in ihre Forschungen über die Bedeutung des Hl. Nikolaus miteinbezogen. Der Hl. Nikolaus, (+ um 350) war Bischof von Myra. Da er sich als Verteidiger der Orthodoxie gegen die Ungläubigen hervortat, wurde er früh im byzantinischen und russischen Reich verehrt, wie zahlreiche Abbildungen auf Ikonen belegen. Seit dem Mittelalter wurde er auch in Westeuropa zu einem der populärsten Heiligen, wovon der Nikolauskult bis heute Zeugnis ablegt. Da er zudem der Sage nach drei Pilger aus Seenot rettete, gilt er unter anderem auch als Patron der Schiffer. Zahlreiche Kirchen an schiffbaren Flüssen wurden deshalb nach ihm benannt und viele Schiffe haben auf ihren Flaggen ein Bild des Hl. Nikolaus.

Kontakt:
Landschaftsverband Rheinland
Kennedy-Ufer 2
50679 Köln
Tel.: (02 21) 8 09 - 0
Fax (Zentrale): (02 21) 8 09 - 22 00
post@lvr.de

Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger, 5.12.2006; LVR, Ausstellungen, 4.12.2006

5.12.06

Digitalisierung von 2.130 gerollten Bauplänen im Landeskirchlichen Archiv Kassel

Der Zerstörung Kassels im Zweiten Weltkrieg fielen auch die meisten kirchlichen Einrichtungen zum Opfer. Die bauliche Tätigkeit der Kasseler Gemeinden nach 1945 schlug sich u.a. in 2.130 Bauskizzen, Bauzeichnungen und Bauplänen des „Gesamtverbandes der Evangelischen Kirchengemeinden in Kassel“ nieder. Der Bestand der Bauzeichnungen umfasst 51 verschiedene Projekte aus 24 Gemeinden. Das Material stammt überwiegend aus den 50er, 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts. Die Gesamtheit aller Kasseler Pläne stellt eine aussagekräftige und zeitlich wie räumlich dicht gestaffelte Dokumentation moderner deutscher Kirchenbaukunst dar. Der Erhaltungszustand der gerollten Baupläne war schlecht, das Material in höchstem Grade fragil. Viele Pergaminpapiere waren eingerissen, die Blaupausen verblasst.

Maßstabsgenaue Digitalisierung war dringend angesagt - umso mehr, als demnächst zahlreiche 50-jährige Kirchbaujubiläen in Kassel anstehen und mit einer intensiven Nutzung der Archivalien zu rechnen ist.

Im Rahmen einer Kooperation zwischen Landeskirchlichem Archiv Kassel und Archivschule Marburg wurde 1995 während einer Verzeichnungsübung des 29. wissenschaftlichen Kurses neben 22 Metern Schriftgut auch die Baupläne des Gesamtverbands Kassel erfasst. Die Baupläne waren durch die Archivschule grob erschlossen und verpackt (circa zehn bis zwanzig gerollte Pläne in einer Falthülse). Für die bevorstehende Digitalisierung war jedoch eine Einzelblattverzeichnung notwendig. Erfasst wurden die bestehende Archivsignatur und ein sprechender Dateiname, Beispiel:
4012-7 / 0462-54_Martinskirche_+Kassel-Mitte_Kirche_Ansicht.

Die Einzelblattverzeichnung, die auch das Format erfasste (kleiner oder größer DIN-A 1, wichtig zur Ermittlung der Gesamtkosten) und ob es sich um einen farbigen oder s/w-Bauplan handelte, wurde von zwei Archivmitarbeitern in Teamarbeit geleistet und hat insgesamt über drei Monate hinweg circa 80 Arbeitsstunden in Anspruch genommen. Ergebnis war eine achtzigseitige Liste (26% farbige Pläne und 74% s/w-Pläne). Farbige Pläne sollten nach der digitalen Erschließung (256 Farben) auch als solche erkennbar bleiben, wurden also farbig digitalisiert. Die größere Anzahl an schwarz-weißen Plänen wurden zunächst sicherungsverfilmt und dann digitalisiert. Dieses Vorgehen war ohne Qualitätsverlust deutlich kostengünstiger. Die Datenmengen von 40 GB fanden Platz auf einer externen Festplatte (JPEG-Endformat). Es handelt sich im einzelnen um 1.692 s/w-Pläne, 277 farbige Pläne bis DIN-A 1 und 162 farbige Pläne größer als DIN-A 1.Die Digitalisierung mit einer Auflösung von 300 dpi wurde 2006 von einer Fachfirma (Microformat Systems, Lisse) durchgeführt. Die Digitalisierungskosten betrugen insgesamt 7.200,- €. Zur Sicherung wurden die Datensätze auf zwei weitere Festplatten kopiert und ein Satz DVD-Kopien angefertigt. Die Verknüpfung der Datensätze mit Thumbs-Plus erlaubt dank der intensiven Einzelblattverzeichnung im Vorfeld der Digitalisierung eine sofortige Recherchierbarkeit.

Vor der Digitalisierung gab es praktisch keine Nutzungsmöglichkeiten – bei gerollten Bauplänen verbietet sich eine Nutzung aus Gründen der Bestandserhaltung. Nach der Digitalisierung der Bestände ist eine rationelle und effektive Nutzung möglich und findet auch statt. Der digitale Zugang zu Beständen erweist sich als mitarbeiter- und benutzerfreundlich.

Digitale Erschließung bleibt jedoch während der Vorbereitungs- und Realisierungsphase immer eine Herausforderung. Nicht unterschätzt werden sollte die zu reservierende Zeit für die professionelle Aufbereitung der Daten, sprich für die gute, alte Verzeichnungsarbeit vorher oder nachher - oft auch vor und nach dem technischen Vorgang „Digitalisierung“, der sich nach allen bisher gemachten Erfahrungen auch nicht „von selbst macht“. In der sich anschließenden Benutzungsphase aber greifen Rationalisierungspotentiale. Schnellerer Zugriff und häufigere Nutzung sind aufgrund strategischer Vorüberlegungen – durch die Wahl eines aussagekräftigen Dateinamens – bereits direkt nach der Digitalisierungsphase möglich.
Bettina Wischhöfer
Kontakt:
Dr. Bettina Wischhöfer
Landeskirchliches Archiv Kassel / Vorsitzende Verband kirchlicher Archive
Lessingstraße 15 A
34119 Kassel
Tel. 0561/78876-12
Fax: 0561/78876-11
archiv@ekkw.de
www.ekkw.de/archiv
www.evangelische-archive.de

3.12.06

Bundestag verlängert Stasi-Überprüfungen

Der Bundestag hat grünes Licht für weitere Stasi-Überprüfungen gegeben. In den nächsten fünf Jahren sollen aber nur noch Inhaber von Spitzenämtern in Politik und Verwaltung gecheckt werden können - die bisherige Regelanfrage für Mitarbeiter im öffentlichen Dienst wird nicht verlängert. Das Parlament beschloss am Donnerstag mit breiter Mehrheit im zweiten Anlauf die Novelle des Stasi-Unterlagengesetzes. Nur die Linkspartei stimmte dagegen. Unterdessen löste die Beschäftigung zahlreicher früherer Mitarbeiter des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in der Stasi- Unterlagenbehörde fast 17 Jahre nach Auflösung des DDR- Geheimdienstes Kritik und Bestürzung aus. Die bisherige Regelanfrage bei der Stasi-Unterlagenbehörde läuft zum 21. Dezember 2006 nach 15 Jahren aus. Wegen Streitigkeiten in der Koalition und Protesten von Opferverbänden war die Verabschiedung des ursprünglichen Entwurfes von SPD, Union und Grünen Anfang November 2006 zunächst nicht zu Stande gekommen. Opfer hatten einen Aufarbeitungs-Schlussstrich befürchtet. Als Kompromiss wurde nun die ursprüngliche Absicht gestrichen, nur bei einem konkreten Verdacht zu überprüfen. Dafür erhalten Wissenschaftler einen deutlich erweiterten Zugang zu den Unterlagen der Behörde. Ohne Nachfolgeregelung wären überhaupt keine Überprüfungen mehr möglich gewesen. Überprüft werden können Bundes- und Landesminister, Abgeordnete, hohe Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst, Richter und höhere Sportfunktionäre.

Die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, sprach von einer «gelungenen Novellierung». Künftig könnten nicht nur Stasi-Strukturen, sondern der Machtmechanismus insgesamt erforscht werden. Das Gesetz sei nicht mit heißer Nadel gestrickt. Unions-Fraktionsvize Arnold Vaatz (CDU) sagte, das Gesetz sei «ein klares Signal», dass die Opfer der DDR nicht vergessen werden. Die kulturpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Lukrezia Jochimsen, betonte hingegen: «15 Jahre Überprüfungen sind genug.» Selbst schwere Körperverletzung oder Vergewaltigung seien nach 10 Jahren verjährt.

Zur Beschäftigung früherer Stasi-Bediensteter in ihrer Behörde wies Birthler Vorwürfe zurück, das Ausmaß verschwiegen zu haben. Von 52 früheren Stasi-Mitarbeitern sind nach Birthlers Angaben 11 frühere hauptamtliche MfS-Mitarbeiter sowie 41 Personen aus dem Wachdienst der Stasi. Zwei der Hauptamtlichen seien in den Außenstellen der Behörde in Schwerin und Halle tätig. Die Stasi-Leute seien nach der Wende wegen ihres Wissens für die Aufarbeitung der Stasi-Akten für unverzichtbar gehalten worden. Aus arbeitsrechtlichen Gründen seien später Kündigungen nicht möglich gewesen. Von den Mitarbeitern arbeiten unter anderem einer als Sachgebietsleiter und einer an der Erschließung von Stasi-Karteien sowie fünf im Archiv.

Im Archiv der Berliner Zentralstelle und in den 14 Archiven der Außenstellen der Bundesbeauftragten wird die in den vier Jahrzehnten der Existenz des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) entstandene Hinterlassenschaft des ehemaligen Geheimdienstes der DDR verwahrt. Die Herrschaftsmethoden und das Herrschaftswissen der ehemaligen SED als kommunistischer Staatspartei der DDR und ihrer Geheimpolizei werden dort dokumentiert. Mit insgesamt 180 km an Unterlagen ist es eines der größten Archive Deutschlands. Neben dem schriftlichen Erbe umfasst die MfS-Überlieferung auch zahlreiche audiovisuelle Datenträger, wie Fotos, Dias, Videos, Kinofilme und Tonträger. Das Schriftgut besteht einerseits aus bereits zu Zeiten des Staatssicherheitsdienstes archivierten Akten andererseits aus dem Material, mit dem in den Diensteinheiten noch bis zur friedlichen Revolution 1989/90 gearbeitet wurde. Die sichere Aufbewahrung, Ordnung, Erschließung und Bereitstellung aller Unterlagen obliegt der Abteilung Archivbestände der Behörde der Bundesbeauftragten und den Sachgebieten Archivwesen der Außenstellen. Der Schwerpunkt der Darstellung im Internet liegt gegenwärtig noch auf Informationen über die Aufgaben und die Ergebnisse der Tätigkeit im Archiv der Zentralstelle, in dem etwa die Hälfte aller Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes verwahrt wird. Zug um Zug werden weitere Hinweise zur Überlieferungslage und Nutzung der Unterlagen in der Zentralstelle in den folgenden Seiten aufgenommen. Entsprechende Angaben zu den Außenstellen werden ergänzt.

Birthler sagte, nach der Wende seien aus dem damaligen Geschäftsbereich des Innenministeriums «große Mengen» ehemaliger Stasi-Mitarbeiter übernommen worden, so rund 1500 in Polizeibehörden, 300 beim Bundesgrenzschutz sowie in den öffentlichen Diensten der neuen Länder bis zu 200. Zugleich sagte sie: «Für die Zahlen kann ich mich aber nicht verbürgen.» Die Unions-Bundestagsfraktion äußerte scharfe Kritik. Dass ausgerechnet dort, wo Stasi-Verstrickungen aufgedeckt werden sollen, noch frühere Stasi-Mitarbeiter beschäftigt seien, erwecke den Eindruck, als würden Brandstifter zum Feuerlöschen eingesetzt, sagte der kultur- und medienpolitische Sprecher, Wolfgang Börnsen. Arbeitsweise und -auffassung der Behörde müssten jetzt untersucht werden. Auch der Vorsitzende des Kulturausschusses im Bundestag, Hans-Joachim Otto (FDP), forderte, dies nicht hinzunehmen. Der erste Chef der Stasi-Unterlagenbehörde, Joachim Gauck, verteidigte die Beschäftigung der früheren Stasi-Leute. «Wir brauchten solche Insider für die Aufklärungsarbeit.» Es seien Mitarbeiter gewesen, «die den Bürgerrechtlern geholfen haben und von ihrer ehemaligen Umwelt gehasst wurden».

Kontakt:
Stasi-Unterlagen-Behörde
Zentralstelle Berlin
Otto-Braun-Straße 70/72
10178 Berlin
Telefon: (030) 2324 - 50
Fax: (030) - 2324 - 7799
post@bstu.bund.de

Quelle: Businessportal24, Pressemitteilung, 1.12.2006; Die Archive der BStU.

2.12.06

Historische Filmbestände zur Aufbewahrung in Expertenhände geben

Historische Filme gehören in Expertenhände, um eine materialgerechte Aufbewahrung zu ermöglichen. Die Eigentumsrechte berührt dies nicht, wie die zehn im Arbeitskreis Filmarchivierung in Nordrhein-Westfalen zusammengeschlossenen Einrichtungen in einer am 29.11.2006 veröffentlichten »Düsseldorfer Erklärung « erklärten.

Vor sechs Jahren errichtete die Stadt Düsseldorf mit finanzieller Unterstützung des Landes NRW ein großes Depot für die landeseigene Filmsammlung. Die Kapazitäten dieses Zweckbaus reichen jedoch nicht aus, so dass immer noch historische Filmbestände ungeschützt aufbewahrt werden. Institutionen und Bürger sind aufgefordert, ihre Bestände für eine materialgerechte Aufbewahrung abzugeben sowie einer Erschließung und Nutzung zuzustimmen.

Zu dem in dem Arbeitskreis Filmarchivierung zusammengeschlossenen Einrichtungen, an die historische Filmbestände gemeldet werden könnten, zählen das Hauptstaatsarchiv in Düsseldorf, das Filmforum in Duisburg, der WDR, die Kinemathek im Ruhrgebiet, der Landschaftsverband Westfalen-Lippe, der Landschaftsverband Rheinland mit seinem Medienzentrum Rheinland, der Landschaftsverband Rheinland mit seinem Rheinischen Archiv- und Museumsamt, das Filmmuseum Düsseldorf, die Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen und das Mannesmann-Archiv.

Quelle: ddp Nachrichtenagentur GmbH, 1.12.2006; FAZ, 1.12.2006.

1.12.06

Schweriner Landesarchiv sanierungsbedürftig

Organisatorisch wurde das Landeshauptarchiv Schwerin erst zu Jahresbeginn 2006 neu strukturiert und als Landesarchiv in das neu errichtete mecklenburgische Landesamt für Kultur und Denkmalpflege überführt. Äußerlich stellt sich das Archiv jedoch alles andere als modern und zukunftssicher dar. Die Ausstattung des Landesarchivs ist katastrophal. Die Fenster sind marode, die Elektrik vollkommen veraltet und brandgefährlich.

Andreas Röpcke, der Direktor des Schweriner Landesarchivs, schlägt Alarm. Die baulichen Zustände des Archivs, dessen Archivmaterial als eines der bedeutendsten in ganz Nordeuropa gilt, ähneln bedrohlich denen der im Jahr 2004 teilweise abgebrannten Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar. So besteht aufgrund der Stromleitungen und der alten Aluminiumverbindungen erhöhte Brandgefahr. In der Amalia-Bibliothek hätte eine Generalsanierung neun Millionen Euro gekostet, der Brand hat hingegen Kosten in Höhe von 67 Millionen Euro verursacht.

In Schwerin lagern ähnlich große Werte wie in Weimar. Das Schweriner Archiv gehört zu den traditionsreichsten Deutschlands. Da es nie zerstört wurde, besitzt es eine kontinuierliche Sammlung über Jahrhunderte hinweg. So stammt die älteste der rund 15.000 Urkunden aus dem Jahr 1158, und die rund 23.000 Regalmeter Akten beginnen im 15. Jahrhundert. Wenngleich die wertvollsten Bestände im Magazinanbau, der zwischen 1996 und 1999 restauriert wurde, lagern, so ist das stark renovierungsbedürftige Hauptgebäude aus dem Jahr 1911 aber doch baulich mit diesem Trakt verbunden.

Abb.: Landesarchiv Schwerin, Graf-Schack-Allee 2 (Foto: © Brenncke Architektur).

Auch im Urteil des zuständigen Leiters des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege, Michael Bednorz, ist der Handlungsbedarf offenkundig. Er will daher im Februar 2007 ein entsprechendes Konzept zur Renovierung vorlegen. Ob im nächsten Jahr allerdings auch Mittel für die baulichen Maßnahmen bewilligt werden, ist noch mehr als fraglich.

Kontakt:
Landesarchiv Schwerin
Graf-Schack-Allee 2
D-19053 Schwerin
Telefon: (03 85) 5 92 96-0
Telefax: (03 85) 5 92 96-12
poststelle@landeshauptarchiv-schwerin.de
www.landeshauptarchiv-schwerin.de

Quelle: Marcus Stöcklin, Ostsee-Zeitung, 29.11.2006

Achtung, Aufnahme!

Die Geschichte des Instituts für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e.V. (IGPP) ist auch die fortschreitende Geschichte des in der wissenschaftlichen Arbeit verwendeten technischen Equipments. Heutzutage wird mit hochmodernen Gerätschaften und Computern hantiert, die unterschiedlichste digitale und sonstige bequeme Funktionen aufweisen. Die in den Anfangsjahren des Instituts eingesetzten Gerätschaften mögen demgegenüber reichlich bescheiden oder aus heutiger Perspektive sogar kurios wirken, sie dürften jedoch zu ihrer Zeit ebenfalls den damals gängigen Standards entsprochen haben.

Abb.: Mikrophon der Fa. Grundig (wahrscheinlich 1950 Jahre), IGPP-Archiv, 8/1.

Beispiele für diesen Bereich sind die verschiedenen Generationen der Aufnahmegeräte, mit denen der Psychologe Hans Bender (1907-1991) und seine Mitarbeiter/innen über die Jahrzehnte hinweg unzählige Interviews und Gespräche mit Ratsuchenden, Untersuchungspersonen, Besucher/innen und Wissenschaftler/innen aufgezeichnet haben. Einige der dabei verwendeten Mikrophone sind in einer kleinen Sammlung im IGPP-Archiv erhalten geblieben. Durch sie lässt sich ausschnitthaft die technische Entwicklung veranschaulichen, die die Institutsgeschichte mit begleitete. Manche Objekte stammen aus Zeiten, als Mikrophone noch wie Rasierapparate aussahen. Vor allem in (natur)wissenschaftlich orientierten Einrichtungen sollte die Überlieferung der sich wandelnden technischen Ausstattung eine selbstverständliche Aufgabe sein. In der Regel dürfte hier jedoch permanent sehr viel verloren gehen. Mit der Sammlung der technischen Objekte im IGPP wird zudem die schon länger währende Diskussion berührt, ob und in welcher Weise die Archive auch für Sachgut – eigentlich die Domäne der Museen – zuständig sind. Für das IGPP gilt, dass die konkrete Technikgeschichte des Instituts bei weitem noch nicht geschrieben ist. Den sich wandelnden Aufnahmegeräten sollte darin zumindest eine kleine Rolle zukommen, stehen diese doch – fast schon symbolisch – für eine durchgängige Forschungstradition innerhalb Instituts.

Kontakt:
Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e.V.
-Institutsarchiv-
Uwe Schellinger
Willhelmstraße 3a
79098 Freiburg
0761/20721-61
schellinger@igpp.de
www.igpp.de

Quelle: Uwe Schellinger, Schaufenster ins Archiv 12-06, 1.12.06